31. Oktober 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Blinde Flecken erkennen

INSPIRATION: Das ist nun wirklich ein alter Hut, oder? Menschen haben blinde Flecken. Nicht nur im Auge, sondern auch beim Selbstbild. Sie halten sich für witzig, für tolerant, für einfühlsam – aber fragt man andere, sieht deren Urteil etwas anders aus. Das liegt zum einen daran, dass nicht jeder unter witzig oder tolerant das Gleiche versteht. Zum anderen daran, dass wir vielleicht in der einen Situation durchaus einfühlsam sein können, in einer anderen aber überhaupt nicht.

Zum Beispiel dann, wenn jemand sich so verhält, dass er einen roten Knopf bei uns drückt. Weil ein bestimmter Wert verletzt wird. Wenn mir Pünktlichkeit enorm wichtig ist, und ein Kollege mal wieder mit einer lapidaren Ausrede zu einem Meeting zu spät kommt, dann ist es vorbei mit meinem Verständnis, die Reaktion alles andere als einfühlsam. Würde man nun diesen Kollegen befragten, wie es um meine Empathie bestellt ist, dann würde ich mich über seine Antwort vermutlich wundern.


Anzeige:

Haben Sie auch ein Problem und schon viel versucht?
In meinem 3-h-Coaching finden wir die Lösung fort, wo Sie noch nie gesucht haben.
Schwer zu glauben?
In über 70 Fallberichten habe ich beschrieben, wie das geht. Zur Webseite...


Deswegen ist das mit dem Feedback für Führungskräfte auch nicht unbedingt eine gute Idee. Zumal, wenn die Antworten von verschiedenen Mitarbeitenden oder Kollegen zusammengefasst werden, am Ende nur ein Durchschnittswert auf einer Skala übermittelt wird. Da lautet dann vielleicht mein Ergebnis 3,5 – aber ich habe keine Ahnung, auf welche Situationen sich diese Zahl bezieht.

Feedback – aber nicht von jedem

Klar, ich kann nachfragen. „Wo genau bin ich denn nicht empathisch?“ Wenn der Kollege oder Mitarbeitende sich denn traut, erzählt er von der Situation, als er zu spät kam. „Na klar“, denke ich dann, „natürlich werde ich irgendwann sauer, wenn das ständig vorkommt. Was hat das mit Empathie zu tun?“ Ich fühle mich nicht verstanden und empfinde dieses Feedback als ungerecht. Mein Verhalten werde ich auf keinen Fall ändern.

In der Wirtschaftswoche (So sehe ich mich!) wird dennoch empfohlen, sich Feedback zu holen. Allerdings – und da stimme ich zu – sollte man sich dafür Menschen suchen, die uns besonders gut kennen. Die uns solche Situationen schildern dürfen, ohne dass wir sofort in eine Rechtfertigung abgleiten. Und die uns vielleicht auch helfen können, in vergleichbaren Situationen anders zu reagieren.

Aus eigener Erfahrung: In einem Meeting hob jemand zu einem längeren Monolog an, und ich merkte, wie ich unruhig wurde. Ich setzte an, ihn zu unterbrechen, da legte mir meine Nachbarin nur kurz die Hand auf den Unterarm und lächelte mich an. Ich schluckte meinen Einwand runter und bedankte mich anschließend.

Mit einem Coach arbeiten?

Aber man hat nicht immer jemanden zur Seite, der einem hilft, unliebsames Verhalten zu ändern. Wer wirklich an sich arbeiten will, sucht sich dann einen Coach. Und findet heraus, welche Situationen ihn triggern. Warum wir das tun sollten? Oder besser: Warum vor allem Führungskräfte das tun sollten? Nun, weil wir alle diese blinden Flecken haben, ganz sicher. Und weil vor allem Menschen, die Einfluss auf andere haben, dadurch häufig nicht die Wirkung erzielen, die sie sich erhoffen.

Mit anderen Worten: Es lohnt sich, mal in sich zu gehen. Entweder einen sehr guten Freund zu fragen, wo er unsere blinden Flecken sieht, oder mit einem Coach auf die Suche gehen. Letzteres passiert durchaus hin und wieder freiwillig. Anlass, so eine Expertin, ist dann oft ein Störgefühl. Man merkt, dass etwas nicht stimmt, dann hilft, sich selbst zu beobachten, die Situationen aufzuspüren, in denen das Gefühl auftritt. Dann dürfte die Suche nach dem roten Knopf nicht so schwierig sein.

Teile diesen Beitrag:

Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

Alle Beiträge ansehen von Johannes Thönneßen →

Ein Gedanke zu „Blinde Flecken erkennen

  1. Alles was wir tun und handeln erhält ein Echo. Feedback in seiner natürlichsten Form. Ungefragt, ungefiltert und ehrlich. Die Situationen dieser natürlichen Feedbacks sind unterschiedlich und nicht immer veröffentlicht.
    Eltern, Lehrer, Ausbilder und Führungskräfte müssen qua Auftrag Feedback geben.
    Die Frage ist in welcher Form und was sie bezwecken soll. Das beste Feedback meiner Meinung nach ist das Feedback , was Selbstreflexion auslösen soll. Dafür bedarf es Massstäbe und den bewussten Anstoss dazu.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert