INSPIRATION: Wenn Konflikte eskalieren, tauchen irgendwann die ersten Drohungen auf. Gar nicht gut, möchte man meinen, das sollte auf jeden Fall vermieden werden. Sollte es nicht. Sagt Klaus Eidenschink. Für mich war das ensprechende Kapitel in dem Eidenschink-Buch „Die Kunst des Konflikts“ eines mit einem größeren Aha-Erlebnis.
Der hieraus entnommene Beitrag in der managerSeminare (Das Drohen der Macht) beginnt mit dem eindrucksvollen Beispiel eines Familienunternehmens, bei dem sich plötzlich ein Mitglied der Familie gegen den CEO wendet und damit droht, dass er seinen Platz räumen muss, wenn er nicht mehr Mitsprache zu lässt. Wie die Geschichte ausgeht, verrate ich hier nicht. Aber schon dabei wird klar, dass wann immer mit Drohungen gearbeitet wird, sich die Parteien in den Machtmodus wechseln.
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An dieser Stelle hatte ich ein neues Aha-Erlebnis. Seltsam, dass mir das im Buch gar nicht aufgefallen ist. Ich habe zum ersten Mal eine Definition von Macht gelesen, die mich auf Anhieb überzeugt. Demnach ist Macht eine von drei Möglichkeiten der Einflussnahme. Da ist zunächst die fachliche Überzeugungskraft. Menschen, die von einer Sache viel Ahnung haben, können andere mit der Kraft ihres Wissens dazu bewegen, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen. Die zweite Möglichkeit ist soziale Zustimmung. Menschen folgen anderen, denen sie vertrauen. „Ich mache, was du sagst, weil ich dir vertraue und ich dir gerne folge.“
Was Macht bedeutet
Und schließlich als dritte Form der Einflussnahme: Macht. Die Definition hierfür: „Macht hat, wer die Zukunft anderer beeinflussen kann.“ Was – wie auch die beiden anderen Arten der Einflussnahme – nur dann möglich ist, wenn der andere das zulässt. Soll heißen: Wer anderen damit droht, ihnen etwas Erwünschtes zu entziehen oder etwas Unerwünschtes eintreten zu lassen, wird damit nur dann Einfluss ausüben, wenn dem anderen das auch wichtig ist. Wer vorhat zu kündigen, lässt sich mit einer angedrohten Kündigung kaum schrecken. Und wer sich nicht viel aus Geld macht, den wird auch die Androhung der Enterbung nicht umstimmen. Macht ist also nicht der Oberbegriff, sondern nur eine Möglichkeit, andere zu beeinflussen.
Nun aber zur Behauptung, dass eine Drohung in einem Konflikt durchaus sinnvolle Dienste leisten kann und was ihr Gegenpol ist. Dieser lautet: Verhandeln. Es geht nämlich genau um das Thema Macht. Wenn eine Konfliktpartei der Ansicht ist, genügend Macht zu besitzen, um ihre Interessen durchzudrücken, dann hilft es wenig, zum Verhandlungspol zu wechseln. Dann ist es mitunter unerlässlich, eine Drohung auszusprechen.
Richtig drohen
Entschließt man sich, den Weg zu gehen, muss die Drohung glaubwürdig sein. Ich muss bereit sein, sie in die Tat umzusetzen, wenn der andere sich nicht zur Verhandlung bereit erklärt. Und ich muss wissen, was dem anderen wichtig ist. Eine Drohung wie „Sonst rede ich nie mehr mit dir!“ ist lächerlich. Die Erfahrungen sollten Eltern oft genug gemacht haben: „Wenn du nicht aufhörst zu quengeln, dann fahre ich ohne dich nach Hause.“ Solche Drohungen dienen „dem innerpsychischen Zweck, Ohnmacht durch kontrollierende Überlegenheit zu ersetzen“. Eine wesentliche Funktion von Drohungen: Sie geben uns das Gefühl, eben doch nicht ohnmächtig zu sein. Aber in dieser Form bringen sie den anderen gewiss nicht an der Verhandlungstisch.
Drohungen sind also nicht per se schlecht. Sie stellen im Konflikt aber nur einen Zwischenschritt dar, sie beenden ihn nicht. Es geht darum, wieder Augenhöhe zwischen den Parteien herzustellen, ernst genommen zu werden. Die Nebenwirkungen sind bekannt: Ein Konflikt droht zu eskalieren, auf Drohung folgt Gegendrohung. Das mag der Konflikt, denn so wird er aufrechterhalten. Die Folge: Man kommt oft nicht ohne Hilfe von außen weiter. Kennt man aus Verhandlungen von Tarifpartnern. Die einen drohen mit Verlegung von Arbeitsplätzen, die anderen mit Streiks.
Glaubwürdig sein
Und wie man das von den anderen Konfliktmodi kennt, braucht man auch hier sowohl Kompetenzen am Pol „Bedrohung“ als auch am Pol „Verhandeln“. Die sind nun hinlänglich bekannt. Vielleicht nur so viel: Glaubwürdigkeit spielt ein wesentliche Rolle. Wer droht, um Gleichheit in Sachen Macht herzustellen, muss glaubwürdig sein, und wer verhandeln will, auch. Was alles andere als einfach ist: Wenn ich drohe, muss der andere mir abnehmen, dass ich den unbedingten Willen habe, für meine Interessen zu kämpfen. Wenn ich verhandeln will, muss er mir glauben, dass ich auch seine Interessen im Blick habe.
Was nun tatsächlich zum Thema Führung passt. Wer eine Führungsposition hat, muss beides können. Könnte ein weiteres Kapitel in der Reihe „Liebe Konflikte“ sein.
