INSPIRATION: Ein Headhunter, der sich ehrlich für seine Mandanten interessiert? Gibt es, offenbar ändert sich in der Branche gerade etwas. Was sicherlich mit dem Mangel an Personal in vielen Unternehmen zu tun hat. Aber vielleicht erst einmal eine Geschichte, die ich aus meinem Umfeld gehört habe:
Ein Freund wurde von einem Headhunter angesprochen, und zwar zu einem Zeitpunkt, als er tatsächlich mit seinem aktuellen Job nicht mehr zufrieden war. Vieles stimmte zwar: Die Atmosphäre war kollegial, der war Chef Veränderungen gegenüber aufgeschlossen und auf dem Weg in die digitale Zukunft, flexibel in Sachen Arbeitszeit. Und all das auch noch in akzeptabler Entfernung zum Wohnort. Allerdings war es mit der Vielfalt der Aufgaben nicht sonderlich weit her, und trotz Unterstützung in Sachen Weiterbildung mündeten die Bemühungen hier nicht in anspruchsvollere Tätigkeiten.
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Bei der Schilderung dürfte aufmerksamen Lesern klar sein, was meinem Freund wichtig war in Sachen Job. Vermutlich hat er das auch dem Headhunter erzählt, und dieser hatte angeblich auch genau die richtige Stelle für ihn. Beim Vorstellungsgespräch hatte er dann zwar den Eindruck, dass der neue Arbeitgeber in Sachen Digitalisierung und neue Technologien weit von seiner alten Firma entfernt war, aber man versicherte ihm, dass man händeringend Leute suchte, die genau hier für frischen Wind sorgen sollten.
Er wechselte – und hielt genau drei Tage durch. Dann war klar, dass dort alle Kollegen hoffnungslos überlastet waren, entsprechend war die Atmosphäre. Niemand hatte Zeit, ihn einzuarbeiten, der Schreibtisch lag schon nach zwei Tagen voll mit Unterlagen von Mandanten, und herausfordernd war allenfalls die Menge an Aufgaben. Als er am vierten Tag kündigte, hatte der Chef nur eine Sorge: Er bat ihn, die Firma die Kündigung aussprechen zu lassen, weil dann die Prämie für den Headhunter entfiel. Den nächsten Job suchte sich mein Freund selbst, und auf die Anrufe des Headhunters reagierte er nicht mehr.
Nette Anrufe
Wie es anders geht, erklärt die Wirtschaftswoche (Nimm! Mich! Wahr!). Dort wird von Headhuntern berichtet, die sich voll auf ihre Kandidaten konzentrieren. Die wissen, wo sie gerade beruflich stehen, womit sie unzufrieden sein könnten, was ihnen wichtig ist. Geht es um mehr Verantwortung? Oder darum, Neues zu lernen? Oder vor allem um mehr Geld, mehr zeitliche Flexibilität? Und dann eben genau das tun, was in dem Beispiel mal so gar nicht gelang: Den passenden Arbeitsplatz zu finden.
Wie erfährt man all das über die Wechselwilligen? Indem man ein „ernsthaftes Interesse“ zeigt. Das ist so eine Sache. Wer glaubt schon, dass der anrufende Personalberater sich wirklich für seine Bedürfnisse interessiert? Mit einem Anruf ist es nicht getan, und selbst wenn es beim ersten Kontakt nicht gleich zu einem Wechsel kommt – nette Anrufe hin und wieder sorgen für das Gefühl, ernst genommen zu werden, statt den Eindruck zu bekommen, man wird gedrängt, weil die dicke Prämie wartet.
Ein Weg dazu ist, sich zu spezialisieren. Hier werden Berater vorgestellt, die ausschließlich die begehrten IT-Kräfte betreuen. Oder weibliche Führungskräfte. Oder Fondsmanager. Und sich dann wirklich um sie kümmern. Ihnen das Gefühl geben, etwas Besonderes zu sein. Wer so von den Bedürfnissen der Kandidaten ausgeht, muss sich natürlich nicht nur in der Branche gut auskennen, sondern auch die potenziellen Arbeitgeber sehr gut kennen. Der Berater aus dem Beispiel oben hätte von der chronischen Überlastung der Mitarbeiter in dem Unternehmen wissen müssen, von dem enormen Rückstand in Sachen Digitalisierung, von der fehlenden Bereitschaft, neue Kollegen vom ersten Tag an einzuarbeiten. Und – nun wird es spannend – als Außenstehender solch unangenehme Wahrheiten dem Arbeitgeber mitgeteilt. Dann wäre er deutlich mehr Berater für seine Firmenkunden und könnte ihnen helfen, die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden zu erfüllen. Ob diese auf ihn hören würden, stehen auf einem anderen Blatt. Besser wäre es…