INSPIRATION: Auch wenn es auf den ersten Blick irritiert (was ja schon etwas für sich hat): Können Sie sich vorstellen, dass der Vorstand Ihres Unternehmens bei seinen Sitzungen Gäste zulässt? Oder Ihre Abteilungsleiter? Oder fallen Ihnen dann sofort Argumente ein wie:
„Da würde man ja noch länger tagen…“ (aber warum sollten sich die Gäste nicht ruhig verhalten und nur zuhören?)
„Es geht doch häufig um vertrauliche Dinge…“ (aber warum sollten die Gäste nicht auch in der Lage sein, vertrauliche Dinge vertraulich zu behandeln?)
„Die Teilnehmer würden sich befangen fühlen und nicht offen reden…“ (aber wer sagt denn, dass sie sich nicht daran gewöhnen könnten?)
„Der Vorstand/die Abteilungsleiter würden einer solchen Neuerung niemals zustimmen…“ (hat sie mal jemand gefragt?)
„Wie soll man denn dafür eine Sitzordnung schaffen….“ (aber läuft nicht jede Podiumsdiskussion so ab?)
Nein, immer noch nicht überzeugt? Das Board von VISA-Card war es anfangs auch nicht, bis man es riskierte. Nun sind alle Sitzungen öffentlich, und das Erstaunlichste daran: Die Direktoren hatten sich nicht nur in Kürze daran gewöhnt, sondern machten die Erfahrung, dass sie niemals in der Sache direkter, im Umgang miteinander freundlicher oder offener waren. Die Zuschauer – Ehefrauen der Direktoren und Mitarbeiter – waren interessiert, beeindruckt und dankbar für die Offenheit.
Für alle, die eine offene Unternehmenskultur nicht nur in den Leitlinien vertreten.
Ob das bei VISA immer noch praktiziert wird, weiß ich nicht. Wäre aber einen Testlauf wert, oder?
(aus Hock, Dee: Die chaordische Organisation, Klett-Cotta 2001, S. 256-258)