5. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Judaslohn

INSPIRATION: Das kennen inzwischen alle: Die Unterscheidung zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation. Intrinsische Motivation ist gut, weil sie von innen kommt. Sie ist unverfügbar, man kriegt sie als Arbeitgeber – oder auch nicht. Extrinsische Motivation ist second best: Zuckerbrot oder Peitsche. Das kann man machen, wird aber teuer, und die Mitarbeiter gewöhnen sich an Boni, oder sie fliehen die Peitsche … Soweit das Dilemma, das uns Kollege Herzberg schon vor Jahrzehnten vermacht hat und das sich auch im Dienstleistungsmarketing festgesetzt hat (Kano-Modell). Inzwischen wurde es aber auch als übersimplifizierend aussortiert: schwarz-weiß. Jedenfalls sieht man das im Wissenschaftskontext so.

Am besten gefallen hat mir immer diese Anekdote, die den Zusammenhang erläutern soll: Sie haben ein Hotelzimmer gebucht und beim Einchecken stellen Sie fest, dass die Betten nicht frisch bezogen wurden. Aufgebracht rennen Sie zur Rezeption und beschweren sich! Der Typ an der Rezeption reagiert ganz cool und bietet Ihnen einen Deal an: Sie bleiben im Zimmer und es gibt einen Discount von 25 Prozent! Schlaue Frage: Nehmen Sie das Angebot an?

Der Graubereich

Ich kenne niemanden, der in den letzten Jahren mir gegenüber und öffentlich erklärt hätte, das Angebot annehmen zu wollen. Jedenfalls nicht offiziell … Doch genau da beginnt ein spannendes Kapitel. Was wäre, wenn die Welt nicht schwarz-weiß wäre? Die Autoren Torsten Biemann und Heiko Weckmüller (Wie verschiedene Formen der Motivation auf Arbeitsleistung und Zufriedenheit wirken) bringen nun genau den Graubereich ins Spiel. Sie beziehen sich dabei auf die Selbstbestimmungstheorie von Deci & Ryan, eine renommierte Motivationstheorie. Dabei fokussieren sie auf einen etwas anderen, aber nicht minder interessanten Kontext, nämlich den von Arbeitsleistung und Motivation.

Sie differenzieren (nach Deci & Ryan) die extrinsische Motivation in vier Subtypen auf, die auf einem Kontinuum liegen: Da gibt es den jenseitigen Bereich, in dem die Leute gar nicht motiviert sind (Hopfen und Malz …). Die nächste, nun extrinsische Stufe lautet „Belohnung und Strafe durch andere“. Das kennen wir bereits. Es folgt nun eine introjizierte Stufe: Belohnung und Strafe durch die Person selbst. Ich bin also selbst die Instanz, die entscheidet, nicht irgendwelche externen Sklavenhalter. Ich habe also Freiheitsgrade. Die nächste, identifizierte Stufe lautet: Meine persönlichen Werte und die Bedeutsamkeit entscheiden. Hier geht es um Prinzipien, denen ich mich verpflichtet fühle. Und die vierte Stufe (Identität) lautet: Die Ziele sind Teil meiner eigenen Identität. Ich fühle mich nicht nur abstrakt verpflichtet, sondern hier geht es um meine „persönliche Wurst“. Erst im nächsten, intrinsischen Schritt geht es um die Frage, ob mir die Ziele, die ich erreichen soll, auch Spaß machen, ich wirklich Interesse an der Tätigkeit habe.

Korrelationen

Spannend, nicht wahr? Wir müssen nun hier nicht den großen Bogen schlagen und uns fragen, was das mit der sogenannten Teilmobilmachung der russischen Truppen im aktuellen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu tun hat. Das war in diesem Beitrag gar nicht die Frage, sondern es ging um Grundsätzliches: In einer Metaanalyse, führen unsere Autoren aus, haben Forscher insgesamt 124 Studien ausgewertet. Es ging um die Korrelation zwischen Formen der Motivation und erwünschten Folgen (Arbeitsleistung, Absentismus, Zufriedenheit etc.). „Insgesamt zeigt sich ganz im Sinne der Selbstbestimmungstheorie, dass autonomere Formen der Motivation (identifizierte und integrierte Regulierung) stärker mit erwünschten und schwächer mit unerwünschten Folgen zusammenhängen als stärker fremdbestimmte Formen der Motivation (externe und introjizierte Regulierung).“ 

Keine Frage, über intrinsische Motivation geht schlicht nichts. Doch auf der anderen Seite zeigt sich brutal deutlich, dass die klassische externe Belohnung oder Bestrafung, die sich in den klassischen Entgeltsystemen spiegelt, praktisch nicht mit erwünschten Folgen korreliert. Boni sind folglich für die Tonne – also nicht für das Portemonnaie des Mitarbeiters, aber für dessen Motivation. Wirksam wird extrinsische Motivation erst dann, wenn es irgendeine Form von persönlichem Involvement gibt, „Mitarbeiter ihre Aufgaben als bedeutsam und wichtig wahrnehmen“. Lange nicht habe ich diese Argumentation in dieser Strenge und Klarheit aufgezeigt bekommen.

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