REZENSION: Dirk Eilert – Körpersprache entschlüsseln und verstehen. Junfermann 2020.
Schon in der Vergangenheit hatte Dirk W. Eilert in verschiedenen, thematisch sehr unterschiedlichen Büchern sein Mimikresonanz-Konzept vorgestellt, das auch an seinem eigenen Institut sowie durch ein von ihm ausgebildetes Trainer-Netzwerk gelehrt wird. Es basiert u.a. auf Arbeiten von Ekman & Friesen (aber auch anderen führenden Forschern wie Dacher Keltner), die ab etwa der 1970er Jahre Pionierarbeit bei der Erkennung und Bewertung von Körpersprache in Form von Gestik, vor allem aber der Mimik geleistet hatten (und – nebenbei bemerkt – damit die Inspiration für die originelle Fernsehserie „Lie to me“ lieferten).
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Eilert geht aber über diese Vorarbeiten und seine eigenen Werke mit der hier vorgestellten Profibox in mehrfacher Hinsicht hinaus: Zum einen basiert er die Inhalte auf eine aktualisierte, gewissenhafte Sichtung von knapp 2.000 Studien rund um sein (Lebens-)Thema, die als Quellennachweise einzeln aufgeführt sind. Zum anderen wechselt er das Medium, weg vom konventionellen Buch hin zur Kartensammlung. Diese beidseitig, ansprechend farbig bedruckten stabilen Bögen in der Hardbox (leider fehlen neben der durchgängigen Farbsortierung und Kapitel-Nummerierung schlichte Seitenzahlen) sind dazu noch multimedial angereichert mit etlichen QR-Codes, die dann benutzerfreundlich zu Internetlinks „durchrouten“, auf denen der Leser (wie immer geschlechtsneutral!) direkt persönlich über den Video- und Audiokanal angesprochen wird.
Interaktives Trainingsmaterial
Damit kombiniert die Profibox ihre ursprüngliche Funktion als Darstellung und umfassendes Nachschlagewerk mit einer Anwendung als interaktives Trainingsmaterial, denn in ihr enthalten ist u.a. ein umfassendes Tutorial als „12-Wochen Wahrnehmungs-Challenge“. Darin soll erlernt werden, aufmerksamer [Veränderungen] zu beobachten und damit die Selbst- und Fremdwahrnehmung zu intensivieren und zu professionalisieren. Dabei legt Eilert an verschiedenen Stellen großen Wert darauf, klassische und prinzipiell förderliche Körpersprachemythen zu entkräften. Denn – zuweilen im Gegensatz zu den omnipotenten „Lie to me-Psycho-Akteuren“ – schaut auch der ausgebildete Mimik-Experte dem jeweiligen Gegenüber nur vor und nicht in den Kopf.
An verschiedenen Stellen räumt Eilert mit vielzitierten Narrativen auf, wonach zum Beispiel nur sieben Prozent an Kommunikation durch die Worte vermittelt würden, hingegen 55 Prozent durch die Mimik. Natürlich liegt ihm – wie kaum einem Zweiten – daran, die Möglichkeiten und ungenutzten Potenziale der Körpersprachenerkennung zu vermitteln. Dies bedeutet oftmals ein Wiedererlernen von Verschüttetem, denn gerade (Klein-)Kinder können als die wahren Experten gelten, non-verbale Emotionen und Stimmungen zu erkennen. Aber dazu muss dann auch eine angemessene Erwartungshaltung geschaffen werden, was auf welchem Kanal entdeckt und beschrieben werden kann, jenseits reinem „Schubladendenkens“ und „Lügendetektionsromantik“.
Ein ausgefeiltes Kodiersystem
In seinem Konzept unterscheidet er konsequent in Mimik anhand von Gesichtszonen wie Augen/-brauen samt Stirn, Mund(winkel) samt Kiefer und Lippe bis hin zur Kopfhaltung, Gestik wie Körper-/Armbewegungen (sog. Gravitationsgesten) oder Fuß-/Beinverhalten bis hin zur Psycho-Physiologie. Damit beinhaltet die Profibox ein ausgefeiltes Kodiersystem, das zu jedem Signal nicht nur eine anschauliche Beschreibung als Text und Bild, sondern auch Interpretationshinweise bis hin zu Profi-(Hintergrund-)Wissen enthält.
Im Anschluss an diesen (sehr ausführlichen) Teil zur Signalerkennung widmet sich der nächste Block dem Abschnitt „Körpersprache verstehen“ auf den Ebenen Emotionen & kognitive Prozesse, den darunterliegenden Auslösern als Motive, Bedürfnisse und Werte bis hin zur eigentlichen Persönlichkeit(-sstruktur). Dazu stellt er seinen Motivkompass vor, mit dem vier neurobiologische Grundmotive unterschieden und sortiert werden können, samt ihren hormonellen Wirkstoffen im limbischen System (Dopamin, Testosteron, Oxytocin & Cortisol).
Hinweise, um die eigene Körpersprache zu steuern
Zum Abschluss (+ Glossar) finden sich dann konkrete Hinweise, um die eigene Körpersprache besser zu steuern und damit ohne Worte wirksam zu werden. Insgesamt richtet sich die Profibox damit nicht in erster Linie an einen (konventionellen) Buchleser, sondern an echte Anwender, die dann ihrerseits zumindest einen Teil der Energie investieren sollten/müssen, die Eilert als Autor – eher als „Erschaffer“ – selbst hineingesteckt hat. Auch wenn die Inhalte ganz offensichtlich auf jeder Menge wissenschaftlicher Erkenntnis beruhen, sollen sie doch stets direkt praxisgerecht für eine spätere Anwendung/Nutzung aufbereitet werden.
Ob oder inwieweit dieser hohe Anspruch [nur] durch die (intensive!) Beschäftigung mit dem umfangreichen Kartenset möglich ist, muss jeder Kunde für sich selbst herausfinden, der Rezensent hätte es sich zumindest ohne Face-to-Face-Training nicht zugetraut. Aber für 68,– € erhält jeder Kunde ein prallgefülltes „Aquarium“, um je nach Bedarf in die schillernde Welt der Körpersprache einzutauchen und seine eigene Kompetenz zu erweitern, allemal ein ausgesprochen fairer Deal …