9. März 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Produktive Besprechungen

REZENSION: Mandl, C. / Hauser, M. / Mandl, H.: Die schöpferische Besprechung. Edition Humanistische Psychologie – Ehp 2008

Es gibt zwei grundlegende unterschiedliche Prozesse in Unternehmen. Die Produktion einerseits und die Entwicklung anderseits. Das Wesen der Produktion ist voraussagbare Wiederholung. Das Wesen der Entwicklung ist Erkundung und Veränderung. Beide Ziele verlangen unterschiedliche Besprechungsformen.


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Produktiv in dem Zusammenhang bedeutet: Ein Produkt in möglichst kurzer Zeit, in gleich bleibender Qualität und mit möglichst wenig Ressourceneinsatz zu erbringen. Höhere Produktivität nimmt in jedem Unternehmen einen hohen Stellenwert ein. Nachdem die Anzahl Besprechungen auch immer mehr zunehmen, müssen die Besprechungen auch immer produktiver werden. Kriterien sind z.B. kurze Zeit, wenig Personen, Arbeiten und Aufgaben geklärt, strukturiert und verteilt, etc.

Der wöchentliche Jour fixe zur Arbeitsvorbereitung ist eine Art „archetypische“ Besprechungsform. Diese Form tragen viele Menschen mit sich und vergleichen dann die aktuelle Besprechung damit. Ist die Besprechung nicht produktiv, dann sind die Menschen unzufrieden.

Produktive Besprechungen sind wesentlich für produktive Ziele. Aber um Neues hervorzubringen, sind sie unpassend, mitunter sogar kontraproduktiv. Chris Argyris: „Die Fähigkeit, mit anderen auszukommen, ist immer ein Pluspunkt, richtig? Falsch! Durch geschicktes Vermeiden jeglicher Konflikte schaffen manche Manager geradezu betriebliches Chaos.“

Interessanterweise gibt es für die andere Art von Besprechung, in denen alle Beteiligte zu neuen Erkenntnissen gelangen, kein gängiges Wort. Eine Besprechung wird dann schöpferisch, wenn persönlich Bedeutsames ausgesprochen wird, Informationen interpretiert werden, Wahrnehmungen Bedeutung gegeben wird, Sichtweisen anerkannt werden, Meinungsverschiedenheiten auf den Grund gegangen wird, Annahmen hinterfragt werden, mentale Modelle offenbar werden, etc.
Martin Buber: „Wo aber das Gespräch sich in seinem Wesen erfüllt, zwischen Partnern, die sich einander in Wahrheit zugewandt haben, sich rückhaltlos äußern und vom Scheinwollen frei sind, vollzieht sich eine denkwürdige, nirgendwo sonst sich einstellende gemeinschaftliche Fruchtbarkeit.“

Organisationen sind emergente Systeme, in denen Menschen Systemstrukturen durch Handlungen gestalten, die wiederum deren Handlungen beeinflussen. Emergenz bedeutet in dem Zusammenhang, dass das Zusammenwirken der Menschen in einer Organisation zu Eigenschaften der Organisation führt, die die einzelnen Menschen selbst nicht besitzen. Temperatur und Druck eines Gases sind emergente Eigenschaften, da die Moleküle, aus denen das Gas besteht, diese Eigenschaft nicht haben. „Man muss etwas Neues machen, um etwas Neues zu sehen.“ (Georg Christoph Lichtenberg.)

Die sieben Maximen einer schöpferischen Besprechung beschreiben Rahmenbedingungen und Haltungen, wie z.B. die Bereitschaft, volle Verantwortung zu übernehmen und zuzuhören ohne sofort zu beurteilen. Schöpferische Besprechungen lassen sich in vier Phasen teilen:

  1. Gemeinsamkeiten suchen
  2. Unterschiede erkennen
  3. Annahmen erkunden
  4. Erkenntnisse gewinnen

Während einer schöpferischen Besprechung sollte jeder folgende Rollen einnehmen, damit Neues entsteht. Damit wird ausserdem Flexibilität geübt.

  1. Die impulsgebende Rolle
  2. Die unterstützende Rolle
  3. Die opponierende Rolle
  4. Sie reflektierende Rolle

Es werden weiter verschiedene Varianten der schöpferischen Besprechung als eine Art Kochbuch vorgestellt. Es wird immer wieder eingeladen, eigene Erfahrungen zu machen. Peter Drucker sagte zu Entscheidungsprozessen: „Die wirksame Entscheidung entsteht nicht aus einem Konsens bezüglich der Fakten. Das Verstehen, das einer richtigen Entscheidung zugrunde liegt, erwächst aus dem Zusammenprallen und dem Konflikt divergenter Meinungen und aus dem ernsthaften Erwägen konkurrierender Alternativen.“

Es ist ein schwieriges Thema, implizites Wissen zu schöpferischen Besprechungen über ein Buch anzubieten. Das ist sehr gut gelungen. Es macht klar, dass es sehr sinnvoll ist beide Besprechungsformen je nach Situation und Thema gezielt anzuwenden. Die schöpferische Besprechung stellt allerdings besondere Anforderungen an den Führungsstil und die Organisationskultur. Will oder muss das Unternehmen schöpferisch sein, um erfolgreich den Wettbewerb zu gestalten, so bleibt eigentlich keine Wahl. Oft bedeutet das aus meiner Sicht auch eine Kulturveränderung.

Aus eigener Erfahrung mit Organisationen wird das Konzept nicht überall 1 zu 1 umsetzbar sein. Wo es „Macher“ gibt wird es wenig Raum für diese Art von Dialogverständnis geben. Es braucht dafür einen Raum, um Unausgereiftes auszusprechen, um Annahmen und mentale Modelle zu hinterfragen. Wo es eine Bereitschaft gibt auch voneinander zu lernen, kann die schöpferische Besprechung Potentiale entwickeln und realisieren helfen.

Beiträge in der Ideenfabrik:

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