INSPIRATION: Die ING will der „digital Leader“ der Branche werden und lässt bei der internen Organisation keinen Stein auf dem anderen. Kaum ein Großunternehmen versucht, so konsequent auf agile Methoden umzustellen. Ob das gelingt? In der Brand eins gibt es den Teil 1 dieses spannenden Experimentes (Eine Bank auf Speed).
Die Geschichte hatte ich schon einmal im Harvard Business Manager gefunden, hier wird sie erzählt aus der Sicht derjenigen, die den Umbau praktisch begleiten. Das Ziel ist offenbar vorgegeben: Man will schneller wachsen und die Kundenbasis verdoppeln. Das aber geht nur mit Innovationen – ohne neue Produkte wird die Bank diese Herausforderung nicht meistern, davon ist der Vorstand überzeugt.
Wenn man aber nach dem alten Muster verfährt, dauert es ewig, bis neue Produkte auf den Markt kommen. Genau hier kommt das Prinzip der Agilität ins Spiel. In sogenannten Squads arbeiten jetzt Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen zusammen, entwickeln Produkte und setzen sie um. „Von der Idee bis zur Umsetzung und Erfolgskontrolle liegt alles in unserer Hand„, erklärt ein Mitglied.
Vorher sah das anders aus. Da musste jede Idee den Weg durch die Instanzen gehen, in regelmäßigen Abständen mussten die Vorstände bestehende Projekte priorisieren. „Kein Vorstand kann 182 Projekte kennen und vernünftig priorisieren„, sagt der Vorstandsvorsitzende, er hätte es gehasst. Jetzt risikiert man einfach, dass ein Projekt nach ein paar Wochen in den Sand gesetzt wird, immer noch besser, als nach mehreren Jahren einzusehen, dass eine Idee nicht funktioniert.
Kann das klappen? Die „Umsetzer“ zucken mit den Schultern. Auch so eine Erkenntnis: „Es ist besser, eine Frage auch mal nicht beantworten zu können, als nicht zu kommunizieren.“ Über eines ist man sich bei den Experten einig: Die alten Strukturen zu belassen, ist schon deshalb keine gute Idee, weil man dann keine guten Leute anzieht. Komplett auf eine agile Organisation umzustellen, ist allerdings eine Herausforderung, der sich nur wenige stellen. Und die offenbar auch schwer zu meistern ist, denn, so die Erkenntnis eines Experten, der neun DAX-Unternehmen begleitet, alle hätten gravierende Probleme. Aber auch: Kein Unternehmen will das agile Experiment abbrechen.Schließlich, so die Erkenntnis einer Studie der Boston Consulting Group, verzeichnen agile Unternehmen bis zu fünfmal höhere Margen und ein stärkeres Wachstum als Branchenkonkurrenten.
Aber so ist das eben bei Experimenten – man weiß nicht genau, was am Ende dabei herauskommt. Sonst wäre es ja auch kein Experiment. Dass ein Vorstand so etwas risktiert, ist bemerkenswert. Dass er es ernst meint, zeigte sich direkt am Anfang: Bauarbeiter rissen die Wände auf der Vorstandsetage ein und jetzt sitzen die vier Vorstände an einem großen Tisch. Das nennt man Vorbild. Anderhalb Jahre hat sich die Bank gegeben, um die Organisation komplett umzukrempeln. Konsequenterweise will die Brand eins im Herbst 2019 dann den 2.Teil des „Werkstattberichts“ veröffentlichen. Ich bin sehr gespannt und zudem begeistert, dass die Bank auch das mitmacht. Könnte ja sein, dass man dann mit sehr betretenem Gesicht dasteht.
Das Modell als Image-Film gibt es übrigens auch auf Youtube.