21. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Von Tiktok lernen?

KRITIK: Ich nutze Tiktok nicht, aber das Phänomen ist mir vertraut. Man schaut ein Video, bekommt sofort weitere angeboten nach dem Motto: Menschen, die ähnliche Videos schauen wie du, sehen sich auch das hier an. So ganz neu ist das ja nicht: Bei Amazon bekomme ich auch auch gezeigt: Menschen, die das Buch gekauft haben, haben sich auch dieses hier bestellt. Also was ist so faszinierend an dem Tiktok-Modell?

Es ist eher frustrierend. Während man bei den Amazon-Empfehlungen kaum hängenbleibt, verbringen die Menschen Stunde um Stunde auf Tiktok und haben dabei ein schlechtes Gewissen (Was mache ich mit der Tiktok-Methode?) Nur mal eben reinschauen und plötzlich ist eine halbe Stunde vergangen. Laut einer Studie der Universität Chicago würden Studenten sogar dafür zahlen, wenn sie nicht mehr auf Tiktok zugreifen könnten. Das wäre ein interessantes Geschäftsmodell … Im Ernst, das ist doch mit klassischen Süchten vergleichbar. So manch einer würde auch dafür bezahlen, wenn er keine Gelegenheit mehr bekäme, eine Zigarette anzuzünden.

Stimulation ohne Substanz

Zweite interessante Erkenntnis: Die Videos hinterlassen keinen bleibenden Eindruck. Die Menschen haben sofort wieder vergessen, was sie gesehen haben. „Stimulation ohne Substanz“. Was Konsequenzen hat: Sie vergessen ebenso alle gezeigten Werbebotschaften. Zu dumm, damit lässt sich also nicht so viel Geld verdienen. Womit dann?

Mit Impulskäufen. Ein Link im Video, kurz angeklickt, gekauft. In Deutschland gibt es die Funktion offenbar noch nicht, soll aber kommen. Das ist die Zukunft des E-Commerce. Kein langes Suchen, Vergleichen, Listen erstellen, Empfehlungen lesen – Video sehen, Impuls folgen, kaufen. Und hier steckt die eigentliche Macht der Methode, sie lässt sich nämlich übertragen, nicht nur auf Dating-Apps wie Tinder.

Zum Beispiel für Anbieter, die Tickets für Events verkaufen. Für digitale Speisekarten. Für die Suche nach Restaurants. Bei Musik soll es auch schon funktionieren, z.B. bei Spotify mit automatisch erstellten Mixes. Das ist also die digitale Kundenansprache der Zukunft?

Ich weiß nicht. Vielleicht kommen die Menschen eines Tages doch auf den Gedanken, dass es wenig erbaulich ist, so viel Zeit mit digitalen Inhalten zu verbringen. Und vielleicht bereuen sie ihre Impulskäufe auch rasch – so wie sie die vergeudete Zeit bereuen.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob sich zukünftige Generationen noch daran werden erinnern können, dass es da mal ein Unternehmen namens Tiktok überhaupt gab …

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