4. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Wenig Bewegung

KRITIK: Alle Jahre wieder müssen Gehaltssysteme angepasst werden. Oder gleich komplett neue entwickelt werden. Ein gutes Geschäft für Berater, die inzwischen auch in den Mittelstand vorrücken. Ob die Modelle den aktuellen Veränderungen in vielen Jobs gerecht werden, wollte das Personalmagazin wissen und befragte zwölf Vergütungsberatungen (Schön eingereiht).

Das Ergebnis ist eher ernüchternd. Nach wie vor dominieren die Funktionsbewertungen, wobei in der Regel „ein analytisches Grading zum Einsatz“ kommt. Soll heißen, dass die Funktionen im Unternehmen analysiert, mithilfe von Einzelkriterien und Skalen bewertet und mit Punkten versehen werden. Der Gesamtpunktwert entscheidet dann, welchem Gehaltsband jemand zugeordnet wird.

Angeblich beobachten die Berater, dass die Firmen nicht mehr ganz so versessen auf Detailgenauigkeit sind, weil sie erkennen, dass sie flexibler und schneller reagieren müssen. Was dazu führt, dass man auch nicht mehr jedes einzelne Grade mit einem Gehaltsband verknüpft, sondern öfter zwei Grades zu einem Band zusammenfasst. Na, das nenne ich doch mal mutig.

Noch ein Trend

Abschlüsse und Zertifikate bedeuten nicht mehr automatisch eine höhere Einstufung, auch scheint sich herumgesprochen zu haben, dass Dinge wie Projektgröße und -budgets oder Anzahl der Mitarbeiter nicht unbedingt etwas darüber aussagen, welchen Wertbeitrag jemand leistet. 

Schließlich: Ein Verkaufsargument der Berater zieht nicht mehr so richtig, dass sie nämlich Gehaltsbenchmarks bieten. Ihren Kunden also zusichern, dass deren Gehälter im Bereich dessen liegen, was die jeweilige Branche bezahlt. Weil sich die Tätigkeitsbereiche offenbar so sehr verändern, dass solche Vergleiche inzwischen hinken.

Konsequenzen?

Was bedeutet das nun für den Umgang mit den neuen Formen der Zusammenarbeit, Stichworte Agilität und Selbstorganisation? Wenn Teams eigenständig Entscheidungen treffen und Führung auf mehrere Schultern verteilt wird? Wenig, scheint mir. Die Berater rücken nach wie vor mit ihren festen Bewertungsschemata an, obwohl sie natürlich betonen, dass diese sich je nach Organisation anpassen lassen. Und nach wie vor werden die Modelle vor allem mit HR bzw. dem Management entwickelt, hier und dort werden Führungskräfte einbezogen, selten die Mitarbeiter. Die wenigsten verstehen sich als Moderator und Sparringspartner von Teams, die selbst ein Modell für ihr Unternehmen entwickeln, und sie begleiten auch kaum dabei, ein System dauerhaft zu betreiben oder leisten Unterstützung bei der Einführung in den Alltag.

Mit anderen Worten: Es scheint immer noch zu funktionieren, dass Unternehmen Modelle „von der Stange“ nehmen. Was jetzt irgendwie nicht erstaunt, erscheint eben einfacher: Die Experten von HR holen sich Beratung, passen das Modell an ihre Bedürfnisse an und fragen maximal einige Führungskräfte, ob das so hinhaut. Eine spezifische Systematik, die zum Unternehmen passt und vor allem Akzeptanz bei den Beteiligten findet, dürfte so schwer zu erstellen sein.

Ist doch seltsam: Kaum etwas ist so sensibel wie die Gehaltsfrage, es wäre doch extrem schlau, möglichst viele Betroffene bei der Entwicklung solcher Systeme einzubinden. Vermutlich hört man eher bei der Optimierung von Anlagen auf die Meinung von Mitarbeitern als bei der Frage, welchen Wert man deren eigener Tätigkeit bemisst. Passt irgendwie doch nicht mehr in die Zeit, oder?

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