13. Juni 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Widerspruchskommunikation

INSPIRATION: Können Sie gut „Nein“ sagen? Vielen fällt das schwer, aber warum ist das so? Weil hier eine ganze Reihe von Gefühlen ins Spiel kommen. Als da wären: Angst, dass die Beziehung darunter Schaden nimmt. Schuld, weil man sich dafür verantwortlich fühlt, wenn man mit seinen eigenen Grenzen den anderen verletzt. Scham, weil man gelernt hat, dass man nicht ernst genommen wird, wenn man „Nein“ sagt. Ohnmacht, weil man gelernt hat, dass man sich nicht behaupten kann und der andere sich sowieso durchsetzen wird.

Will man hier „besser“ werden, brauche ich bestimmte Kompetenzen. Welche? Sie stecken in den Antworten auf diese Fragen: „Kann ich widersprechen, ohne negative Gefühle wie Schuld, Scham oder Angst zu erleben?“ – „Beschäftigt mich das Wohlbefinden des anderen mehr als mein eigenes?“ – „Fürchte ich mich vor dem Nein des anderen?“.


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Aber so wichtig ein Nein ist, um für Klarheit zu sorgen (das nämlich ist seine Funktion: Es macht deutlich, wo ein Konflikt besteht, sorgt für eine gewisse Augenhöhe und macht zumindest deutlich, was man NICHT will“), so groß ist andererseits die Gefahr, einen Sog in Richtung Eskalation zu entwickeln: „Jedes Nein fördert das nächste“ (Die positive Kraft des Neins). Das liegt daran, dass die meisten Menschen es nicht ertragen können, etwas stehen zu lassen, das ihrer Meinung nach falsch ist oder falsch verstanden wurde. Wir wollen die falsche Aussage richtigstellen. Womit wir zu Nein des anderen nun unsererseits Nein sagen, was zu einem weiteren Nein seinerseits führt.

Wir können wählen

In dem Konfliktmodell von Klaus Eidenschink befinden wir uns im Reaktionsmodus, und wie jeder andere hat auch dieser zwei Pole. Der Gegenpol des „Nein-Sagens“ ist natürlich nicht das „Ja-Sagen“. Das nämlich verschleiert nur den Konflikt, unterdrückt und verschiebt ihn. Der andere Pol lautet „wählend“. Das klingt erst mal seltsam, wird aber bei näherer Betrachtung klarer.

Ein Nein macht eine Position klar und ist in bestimmten Situationen angebracht – Stichwort: Klarheit. Führt aber häufig zur Eskalation. Die Alternative ist eine, die Möglichkeiten offen lässt. Tatsächlich muss man ja nicht widersprechen. Man hat die Wahl, z.B. auch mit einem „Vielleicht“ zu reagieren. „Vielleicht ist es so, wie du sagst, vielleicht auch nicht!“ Das bedeutet, dass wir uns von dem Druck befreien, sogleich antworten zu müssen. „Wer widersprechen muss, ist unfrei!“ Die wichtigste Kompetenz hierzu ist laut Eidenschink „Enttäuschbarkeit“. Wieso?

Wenn wir in einem Gespräch „zugeben“, dass der andere vielleicht ja richtig liegen könnte, müssen wir befürchten, dass er, statt ebenfalls einzulenken, triumphiert („Gibst du also zu, dass du falsch liegst!“). Kann passieren, was enttäuschend ist. Sich hier nicht als Verlierer zu sehen, ist schwer und eine Kompetenz, die uns sicher nicht in die Wiege gelegt wurde.

Und habe ich die Kompetenz, offen zu bleiben, auch wenn der andere stur beim Nein bleibt? Und wie reagiere ich, wenn der andere sein Nein infrage stellt? Greife ich das „Angebot“ auf und lenke ebenfalls ein?

Nützliche Rahmenbedingungen

Wichtig: In sozialen Systemen können „Spielregeln“ helfen, den Sog zum Nein zu einzudämmen. Eine Möglichkeit dazu sind zeitliche Begrenzungen: „Bis 10 Uhr haben wir Zeit zu diskutieren, dann entscheiden wir.“ Oder die Regel, dass es okay ist zu sagen: „Ich bin anderer Meinung, aber stimme dem Vorgehen zu!“ (I disagree and commit). Oder man führt Formate ein, in denen ein Nein ausdrücklich erlaubt wird. Zum Beispiel moderierte Lessons-learned Meetings oder Meinungsrunden, in denen jeder seine Haltung begründen kann, ohne dass Kommentare zugelassen werden.

Ich mag sie, diese Auszüge aus dem Buch „Die Kunst des Konflikts“, von denen wir hier schon einige vorgestellt haben. Sie machen immer wieder deutlich, wie unvermeidlich einerseits Konflikte, wie wichtig andererseits bestimmte Regulierungskompetenzen sind. Das ist nicht einfach – aber wäre es das, würden wir nicht immer wieder erschüttert erleben, wie wenig verbreitet diese offenbar sind.

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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