INSPIRATION: Das tut schon gut: Statt über extrinsische oder intrinsische Motivation zu streiten, einfach mal untersuchen, wie sich Belohnungen auf konkretes Verhalten auswirken. Denn dass wir ständig und überall materiell oder immateriell belohnt werden, lässt sich ja gar nicht verhindern.
Nun werden viele Belohnungen gar nicht mit dem Ziel gegeben, ein bestimmtes Verhalten zu stärken. Andere hingegen versuchen genau das: Die Likes und Sternchen in den sozialen Netzwerken sollen uns natürlich motivieren, mehr zu veröffentlichen und regelmäßig die Netzwerke aufzusuchen.
Zu dumm, dass aber solche Belohnungen mitunter auch unerwünschtes Verhalten erzeugen. Wenn man Wissenschaftler danach beurteilt, wie viele Veröffentlichungen sie haben, dann werden sie möglichst viel veröffentlichen. Was zulasten der Qualität geht. Wenn man Manager nach dem Jahresergebnis belohnt, dann werden sie vor allem kurzfristig agieren und denken.
Die beschriebenen Experimente (Zwischen Stabilität und Flexibilität) sollen Aufschlüsse darüber bringen, wie sich Belohnungen auf kognitive Kontrolle auswirken. Das bedarf der Erklärung. Wenn wir an einer Sache arbeiten, dann ist es schon sehr hilfreich, aufmerksam dabei zu bleiben und sich möglichst wenig ablenken zu lassen. Sind wir aber zu sehr auf diese Sache fokussiert, dann geht uns die Flexibilität verloren. Soll heißen: Wenn etwas dazwischen kommt, das wir registrieren und berücksichtigen sollten, um ein gutes Ergebnis zu erzielen, werden wie bei zu starker Fokussierung im schlimmsten Fall für die Katz arbeiten, weil wir nicht in der Lage waren, wichtige Veränderungen zu berücksichtigen.
Umgehrt aber gilt: Wenn wir versuchen, jede neue Information aufzunehmen und dafür unsere Tätigkeit unterbrechen, dann kommen wir kaum voran und werden niemals fertig. Die beiden entscheidenden Merkmale sind also Stabilität und Flexibilität, hier gilt es, die richtige Mischung zu finden. Die extremen Ausprägungen wären dann Rigidität und Ablenkbarkeit.
Belohnungen stärken die Stabilität
Der Aufbau der Experimente war ungefähr so: Versuchspersonen sollten auf Reize mit einem Tastendruck rechts oder links reagieren. Vor dem eigentlichen Reiz kam ein Hinweis, der aber nicht immer zuverlässig den eigentlichen Reiz voraussagte. Nun wurde eine Gruppe für korrekte und schnelle Reaktionen belohnt, die Kontrollgruppe nicht. Ergebnis: Die Versuchsgruppe wurde schneller, aber machte mehr Fehler, vor allem, wenn der Hinweisreiz feherhaft war. Soll heißen: In dem Bestreben, die Belohnung zu erhalten, reagierten die Versuchspersonen nicht mehr flexibel. Selbst als die Hinweisreize keinerlei Zuverlässigkeit mehr boten, also die Signale nur noch zur Hälfte korrekt ankündigten, erhöhte sich die Fehlerrate.
Nicht sonderlich überraschend, aber interessant ist dieses Ergebnis: Eine dritte Gruppe wurde unabhängig von ihrer Leistung belohnt. Ihr wurde lediglich gesagt, dass sie in einigen Durchgängen einen Bonus bekommen würde, egal ob sie Fehler machte oder nicht so schnell war. Ergebnis: Sie machte weniger Fehler, war also in den Situationen, in denen der Hinweis erfolgte, aufmerksamer, reagierte flexibler. Die Erklärung hierfür lautet: Belohnungen erzeugen eine positive Grundhaltung und selbst, wenn sie bedingungslos gegegeben werden, verschlechtern sie nicht die Leistung.
In einem weiteren Experiment veränderte man die Höhe der Belohnung – mal gab es mehr, mal weniger. Dies hatte keine Auswirkung in Sachen Stabilität des Verhaltens. Die Fehlerquote blieb gleich bei denjenigen, die für gute Leistungen belohnt wurden. Die jedoch, die unabhängig von ihrer Schnelligkeit und Fehlerhäufigkeit belohnt wurden, veränderten ihr Verhalten und machten noch weniger Fehler.
Klingt das ein wenig verwirrend?
Für mich zumindest schon. Was ich mal ganz vorsichtig daraus schließe:
- Wenn man Belohnungen für ein bestimmtes Ergebnis oder Verhalten aussetzt, dann ändert sich der Fokus der Belohnten. Worauf sie auch immer sich vorher konzentriert hatten, jetzt werden sie stärker auf das achten, was offenbar anderen wichtig ist. Das ist zwar gewollt, aber es führt auch zu Nebenwirkungen, die vielleicht nicht gewollt sind – z.B. Vernachlässigung anderer Dinge, etwa Qualität (wie in diesem Fall, wo mehr Fehler passieren). Aber vielleicht auch, wie schon oft berichtet, zu Manipulationen, Tricks …
- Wenn Belohnungen erhöht werden, führt das keineswegs zwangsläufig zu mehr Leistung – was ja schon eine interessante Erkenntnis ist.
- Wenn Belohnungen unabhängig vom Ergebnis verteilt werden, dann erhöht dies das Wohlgefühl und führt zu höherer Bereitschaft, sein Verhalten zu verändern.
Ein grundlegender Schluss aus diesen Erkenntnissen: Menschen zu belohnen ist weder gut noch schlecht. Belohnungen an Bedingungen zu koppeln, ist zweischneidig und sollte sich gut überlegt werden. Überträgt man das auf die großen Gehaltsfragen, spricht weiterhin viel dafür, Mitarbeitern am Ende eines erfolgreichen Jahres eine Prämie zu zahlen. Unabhängig davon, ob der einzelne nun besonders gut oder weniger gut gearbeitet hat. Wobei ich unter erfolgreich nicht unbedingt wirtschaftlich erfolgreich meine. Es könnte ja auch sein, dass ein Unternehmen ein sehr schlechtes Ergebnis erzielt hat, aber alle extrem viel leisten mussten, um überhaupt das Unternehmen zu retten.