INSPIRATION: Ein Konzern wandelt sich in eine agile Organisation, die Telekom behauptet, genau das geschafft zu haben. Der Wandel ist umfassend, und er betrifft viele Bereiche. Welche Auswirkungen das auf Führung hat, beschreibt u.a. der „Senior Vice President New Ways of Working“ (Ein Elefant lernt tanzen). Der Titel ist schon beeindruckend, er soll wohl vermitteln, dass man es mit der neuen Art zu arbeiten ernst meint.
Und tatsächlich, der Ansatz scheint umfassend. Schon 2018 hat man begonnen, ein „agiles Betriebssystem“ zu etablieren, seine sechs Dimensionen werden in dem „agilen Kompass“ abgebildet, als da wären:
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- Business Purpose: Er stellt das Fundament dar, entwickelt und formuliert wurde er unter Einbeziehung mehrerer Tausend Mitarbeitender in Form von Workshops, Interviews und Feedback-Sessions. Das erzeugt „Ownership“.
- People: Gemeint ist ein Menschenbild, das davon ausgeht, dass jeder Mensch sich weiter entwickeln will, motiviert und engagiert ist.
- Way of Working: Hier ist vor allem von Kundenorientierung die Rede, mit standardisierten Kernprozessen, einer integrierten IT-Struktur und vielen Experimenten.
- Work Environment: Die Umgebung sollte so gestaltet sein, dass sie die Zusammenarbeit, ob in Präsenz oder virtuell, optimal unterstützt.
- Governance: Es gibt ein übergeordnetes System mit klaren Erwartungshaltungen mit „einem optimalen Mix aus Autonomie und gemeinsamer Zielsetzung“.
- Leadership & Mindset: Der Dreh- und Angelpunkt, womit die Führungskräfte gemeint sind. Ihre Verlustängste sind anzuerkennen.
- ORG-Design: Führungskarrieren sind nicht mehr ausschlaggebend, Experten spielen eine größere Rolle, also steht die Expertenkarriere gleichberechtigt neben der Linienkarriere.
Dieser agile Kompass ist wohl die Basis für einen „Agility Check“, ein Tool, das von den Teams selbst durchgeführt wird als auch für den „Agile Pitstop“, ein strukturierter Prozess für größere Organisationseinheiten, um den Ist-Zustand zu erfassen.
Führung aus verschiedenen Richtungen
Was bedeutet all das nun in Sachen Führung? Auch hier bemüht man sich um eine Systematik. Die Idee ist, dass Führung nicht mehr aus einer Richtung, nämlich von oben nach unten, geschieht, sondern „aus verschiedenen Richtungen und durch eine Vielzahl an Beteiligten.“
- Von oben – nach wie vor natürlich, es gibt nun mal den Vorstand als rechtliches Organ, und irgendjemand muss ja die Richtung weisen und Sinn stiften. Und auf der Brücke stehen, wenn Sturm aufkommt sowie über die Einhaltung der Regeln wachen. Diese Rolle heißt hier „Agile Leadership“.
- Von innen – Teams führen sich selbst, und ihre Mitglieder führen sich selbst. Soll heißen: Sie treffen vor Ort die operativen Entscheidungen. Das gilt vor allem im Produktentwicklungsbereich. Bedeutet wohl, dass das Modell nicht überall eingeführt ist. Die Rolle nennt sich „Shared Leadership“.
- Von der Seite – die berühmte laterale Führung ohne disziplinarische Verantwortung. Hier sind Scrum Master und Agile Coaches zu finden, die dafür sorgen, dass sich die Teams kontinuierlich verbessern und alltägliche Hindernisse wie etwa Konflikte bewältigt werden. Die Rolle wird als „Servant Leadership“ (Dienende Führung) verstanden.
- Von unten – es gibt wohl einige Beispiele, in denen Mitarbeiter von sich aus initiativ wurden und etwas eigenes auf die Beine gestellt haben (Graswurzelbewegung). Gemeint ist also die Bereitschaft, etwas anzustoßen und Dinge von unten zu verändern. Interessanter Hinweis: Diese Bewegungen erfordern keine hohen Investitionen, sondern begeisterte Beschäftigte. Als Musterbeispiele werden hier „Magenta Lighthouse“ und „Magenta Werkstolz“ genannt. Auch diese Art der „Führung“ bekommt einen Namen: „Zelluläre Führung“.
Gesamtkonzept
Insgesamt ein interessanter Versuch, all die aktuellen Ansätze und Bewegungen in einer Art Gesamtkonzept unterzubringen. Wobei noch die Herausforderung des hybriden Arbeitens hinzu kommt. Das macht die Sache noch komplexer, aber offenbar schuf der Veränderungsprozess, der vorher gestartet wurde, eine gute Basis für diese neue Herausforderung. Zwei praktische Konsequenzen: In den Teams haben sich „Team-Agreements“ bewährt, in denen die Teams selbst formulieren, wer wann von wo aus welche Aufgaben übernimmt. Und eine neue Rolle taucht hier auf: Der „Transparency Master“, der für die Dokumentation zuständig ist.
Fazit der Autoren: Die Telekom hat sich grundlegend gewandelt, vor allem werden Entscheidungen heute schneller und näher am Kunden getroffen. Ich bin bei solchen Erfolgsberichten vorsichtig optimistisch und warte mal ab, was wir in einigen Jahren hierüber zu lesen bekommen.