18. November 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Business Chemistry

INSPIRATION: Persönlichkeitstests gibt es wie Sand am Meer, umstritten sind fast alle. Was, wenn es nun Belege gibt, dass unser Typ von biologischen Systemen bestimmt wird? Sie also ein Dopamin / Serotonin / Testosteron oder Östrogen-Typ sind? Und was hat das mit der Zusammensetzung von Teams zu tun?

Die Erkenntnisse gehen auf Forschungen zur „Chemie der Liebe“ zurück („Jeder Mensch ist flexibel – bis zu einem gewissen Grad“). Eine Anthropologin namens Helen Fisher hat bei ihrer Suche nach zueinander passenden Liebespartnern eine neurologische Antwort darauf gefunden, warum bestimmte Beziehungen besser funktionieren als andere. Sie fand vier Typen, bei denen eben die oben genannten Systeme dominieren: Das Dopamin / Noradrenalin-, das Serotonin-  das Testosteron –
und oder Östrogen/Oxytocin-System. Sie erstellte einen Fragebogen, und nachdem die Probanden diese die Fragen beantwortet hatten, wurden sie in den Kernspintomografen geschoben. Dort fand man dann auch die Hirnareale, die bei bestimmten Verhaltensweisen aktiv sind: Neugierde/Kreativität und Spontaneität (Dopamin), Geselligkeit und Traditionsbewusstsein (Serotonin), Kompromisslosigkeit, Direktheit und Entschlussfreude (Testosteron) und Einfühlsamkeit, Fanstasie und soziale Kompetenzen (Östrogen).


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Konsequenz daraus: Es wurde ein Persönlichkeitstest entwickelt, der die Eigenschaften und Vorlieben der vier Typen genauer erfasst und zu folgender Typologie führt:

Der Pionier ist spontan, fantasievoll, extravertiert, risikofreudig, er mag keine Regeln und kein „Nein“.

Der Integrator ist diplomatisch, einfühlsam, traditionsbewusst, er mag keine Konflikte und kein politisches Taktieren und ist nicht sonderlich flexibel.

Der Macher ist zahlen- und konkurrenzorientiert, logisch denkend und neugierig, er mag keine Ineffizienz, Unentschlossenheit und fehlende Zielorientierung.

Der Wächter ist methodisch, detailorientiert, systematisch, zurückhaltend und mag keine Unordnung, Zeitdruck und Ungewissheit.

Wie geht es Ihnen, liebe Leser? Kommen Ihnen die Beschreibungen bekannt vor? Sie ähneln doch arg jenen, die wir von vielen anderen Typologien seit der Antike kennen, oder? Nun wissen wir wenigstens, dass bei Menschen, die ähnlich gestrickt sind, auch im Hirn Ähnliches abläuft.

Die vier Typen und ihr Zusammenwirken im Team

Eine große Beratungsgesellschaft hat aus diesen Erkenntnissen sogleich ein System gemacht und nennt es „Business Chemistry“ (Pioniere, Macher, Integratoren und Wächter). Gemeint ist, dass man dort nun schaut, aus welchen Typen die Teams zusammengesetzt sind und was das für die Zusammenarbeit heißt. Angeblich haben über 190.000 Menschen den Persönlichkeitstest absolviert, eine stolze Zahl. Ein Ergebnis: Ca. 50 Prozent der Teams sind relativ ausgewogen zusammengesetzt, in den anderen herrschen ein oder zwei Stile vor. Bei den Top-Managern handelt es sich überdurchschnittlich oft um Pioniere oder Macher.

Die Tipps, die die Autoren daraus für Teams und ihre Führungskräfte ableiten, lassen sich leicht zusammenfassen:

  • Verbinden Sie Gegensätze – soll heißen: Bringen Sie Mitarbeiter mit unterschiedlichen Stilen zusammen, aber lassen sie diese erst einmal an kleineren Aufgaben erfahren, wie sie sich ergänzen können.
  • Fördern Sie Minderheiten: In Teams dominieren erwartungsgemäß die Pioniere und Macher, während die anderen Gefahr laufen, unterschätzt und missachtet zu werden. Eine gute Idee: Lassen Sie vor Meetings diejenigen, die sonst wenig sagen, ihre Ideen vorher schriftlich formulieren, zwingen sie aber nicht alle dazu (die Pioniere bereiten sich halt nicht gerne vor). In Diskussionen lassen Sie der Reihe nach vortragen, am besten sogar die Integratoren und Wächter zuerst.
  • Wenn bestimmte Typen im Team ganz fehlen, fordern sie alle auf, einmal so zu denken wie diese – der bekannte „Advocatus Diaboli“.
  • Lassen Sie den Wächtern und Integratoren immer wieder Zeit, sich ungestört mit einer Aufgabe zu beschäftigen und zwingen Sie diese nicht dazu, ständig alles im Team zu lösen.

Zweifellos ist es höchst sinnvoll, Menschen immer wieder daran zu erinnern, wie unterschiedlich wir doch sind und dass es uns allen gut tut, die Stärken der anderen zu schätzen und zu nutzen. Genau das ist wohl auch der Hauptnutzen dieser Typologien – sie bieten „Führungskräften und deren Mitarbeitern eine gemeinsame Sprache“ (S.23). Wenn ich mich darin übe, die Verhaltensweisen des anderen nicht als lästig, unangemessen oder gar bedrohlich zu begreifen, sondern als Ausdruck seines von meinem abweichenden Persönlichkeitstypus oder meinetwegen seines andern „biologischen Systems“, dann könnte es vielleicht sogar irgendwann in Vorständen mal zu echter Teamarbeit kommen – auch wenn sich da meist nur Macher und Pioniere tummeln.

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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