5. Dezember 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Cover: Impacttechniken

Coaching mit Wumms!

REZENSION: Frauke Niehues – Impacttechniken (Kompetenz!Box). Junfermann 2022.

Es wird zu viel geredet im Coaching. Reden ist zwar hilfreich, reicht aber nicht.


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Ihre Motive treiben Sie an - Ihre Werte bieten Ihnen Orientierung - Ihre Begabungen ermöglichen Ihnen Ihre Ausführungsfreude. Die Analyse Ihrer drei eigenen Emotionsbereiche zeigen Ihnen Ihr Potenzial für förderliches oder hinderliches Verhalten in verschiedenen Kontexten auf. Warum? Ihre Entscheidungen basieren auf Ihre Emotionen. Sie analysieren und bewerten sich selbst - kein anderer. Sie sind für Ihr psychologischen Wohlbefinden selbst verantwortlich, in deutsch oder englisch. Zur Website...


Die Psyche hat drei Ausdrucksformen: subjektives Erleben, körperliche und vegetative Reaktionen sowie das Verhalten. Coaching sollte optimalerweise alle drei Modi ansprechen, wenn es wirksam werden soll (Neurowissenschaftliche Fundierung von Coaching). Impacttechniken, die die Autorin vorstellt, knüpfen an dieser Erkenntnis an und können daher als ein Königsweg für erfolgreiche Veränderungsarbeit betrachtet werden. Die Impacttechniken nutzen die Arbeit mit einfachen (Alltags-)Objekten, um komplexe Problemlagen mittels symbolisch-metaphorischer Aktualisierung zu verwandeln. Weil multisensorisch gearbeitet wird, Emotionen aktiviert werden, sind die Interventionen besonders kraftvoll und entfalten eine starke, nachhaltige Wirkung. Sie sind ein Beispiel für ressourcen- und lösungsorientiertes Coaching.

Verhedderte Wollknäuel, Teebeutel, Luftballons, Brillen, rohe Eier usw. … so ein Repertoire muss die Coach natürlich parat haben. Am besten beginnt man sogleich, in seiner Coaching-Praxis eine Sammlung anzulegen. Und wenn dann beispielsweise der Klient seine sieben verschiedenen Entscheidungsvarianten ausbreitet und sich nicht entscheiden mag, holt die Coach die Packung mit den Teebeuteln hervor. Schüttet sie auf den Tisch, legt sie dann einzeln vor den Klienten hin und benennt die Variante. Sodann fegt weg sie die einzelnen Beutel mit einer abschätzigen Handbewegung vom Tisch. Bis der Tisch leer ist. Dann die provokante Frage: „Was jetzt?“

Die Box

In ihre Box (Karteikasten im DIN-A-5-Format) hat die Autorin allerlei hineingepackt: Ein Kartenset mit 105 Techniken und ein Booklet (35 S.). Das Material ist zugleich digital über die Verlagswebsite verfügbar. Dort wartet auch multimediales Zusatzmaterial – Audios, Videos und Handouts – auf die Nutzenden. Die geballte Ladung folglich. Die Box gliedert sich – nach einer Einleitung – in neun Kapitel. Zunächst wird der Aufbau der Box und die Gestaltung der einzelnen Karten erläutert. Die Oberthemen (Kapitel, farblich codiert) lauten: Prozessgestaltung, Themenübergreifende Methoden, Emotion und Kognition, Selbstfürsorge, Selbstmanagement, Kommunikation und Interaktion, Konflikte, Selbstwert, Erziehung. Zugleich hat das Register zwei weitere Fächer: Favoriten und (eigene) Zusatzkarten (Kap. 10).

In allen Kapiteln ist es so, dass die Vorderseite der einzelnen Karten ein Foto ziert, das das Thema illustriert. Auf der Rückseite findet sich ein Erklärtext, der das Ziel beschreibt (z.B.: „Vergangenes loslassen/sich auf die Zukunft konzentrieren“) sowie die Funktion oder den Transfergewinn. Eine Anleitung (Demo) führt dann ins Thema tiefer ein und beschreibt die Technik. Querverweise auf andere Karten, ein QR-Code, mit dem man gleich auf weiterführende Online-Zusatzmaterialien (Handouts, Videos oder Audios, also gesprochene Trancen – nebst Transkripten) gelangen kann, sowie eine Nummerierung, die die Technik im Gesamtsystem des Kastens verortet, helfen bei der Orientierung und der weiteren Exploration.

All das ist gut durchdacht, erschließt sich aber nicht unmittelbar. Man muss sich da erst ein- und durcharbeiten. Hinzu kommt, dass die Organisation der Onlinematerialien zu wünschen übriglässt. Diese sind nicht am Stück downloadbar und ihre Titel ist nicht benutzerfreundlich editiert, so dass man das als User selbst nachholen muss, um nicht die Übersicht zu verlieren. Ich habe darüber schon einmal bei einem anderen Titel launisch gemeckert (Emotionale Kompetenz trainieren). Vermutlich unbeabsichtigt, aber didaktisch geschickt trägt diese Hürde allerdings, und das muss ich jetzt einmal würdigen, dazu bei, dass der Nutzer zunehmend involviert – und zum Komplizen wird.

Das Booklet

Das Begleitbuch zur Box steigt in die Historie und Definition der Impacttechniken ein. Hier werden Ed Jacobs und Christine Schimmel als Begründer sowie Dani Beaulieu als Schülerin gewürdigt. Sodann steht die Frage der Wirksamkeit im Raum und wird breit exploriert. Da geht es zunächst um Aspekte der Gedächtnispsychologie, andererseits um die linguistische Metapherntheorie nach Lakoff (Framing: Bullshit-Bingo). Metaphern aktivieren umfassende Konzepte und Netzwerke, ist die Autorin überzeugt. Sie funktionieren vorsprachlich. Auf diesem Weg lassen sie sich, weil sie mehrdeutig und komplex sind, aber auch verändern. Die Parallele zum Zürcher Ressourcenmodell (ZRM) ist offensichtlich.

Hinweise zu Indikationen und Kontraindikationen (Gefahr der Direktivität/Manipulation) sowie solche zur Entwicklung eigener Impacttechniken schließen sich an.

Fazit

Als Anwender wird mir zwar reichlich Material an die Hand gegeben und auch hilfreiche methodische Hinweise, ich erfahre aber nicht, wie ich konkret mit der Box arbeiten soll. Wo soll ich anfangen? Muss ich mich erst einmal ein- und durcharbeiten? Dazu wäre wohl ein Einführungsseminar eine gute/bessere Ergänzung. Ich könnte auch selektiv vorgehen, und je nach Bedarf in der Vorbereitung auf eine Coaching-Sitzung eine Karte ziehen. Doch fördert jedoch eine „Baumarktmentalität“ und leistet der „fröhlichen“ Toolklempnerei Vorschub? Das behagt mir nicht. Der Profi sollte strategisch vorgehen und zunächst das Ziel klären. Im zweiten Schritt werden Hypothesen entwickelt. Und im dritten Schritt erst kommen wir zur Auswahl konkreter Methoden. Der Plural impliziert, dass es bei der Methodenauswahl auch immer Alternativen geben kann/sollte (Plan B).

Also: Coaches, die diese Box erwerben, halten ein kleines Schatzkästchen in Händen. Die Schätze zu sichten und zu entwickeln sowie zum Wohle der Klienten einzusetzen, erfordert allerdings einiges an eigener Aktivität, an Training und Austausch mit anderen (Supervision?). Na ja, Rom wurde ja auch nicht an einem Tag erbaut.

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Thomas Webers

Dipl.-Psych., Dipl.-Theol., Fachpsychologe ABO-Psychologie (DGPs/BDP), Lehrbeauftragter der Hochschule Fresenius (Köln), Business-Coach, Publizist

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