2. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Ende der Wertschöpfungskette

INSPIRATION: Ein Thema, an dem ich immer wieder hängenbleibe: Während alle Welt von „New Work“ spricht und davon, dass man das tun sollte, was man wirklich, wirklich will, fallen diejenigen hinten über, die Aufgaben übernehmen wie das Putzen. Ein Argument für die „neue Arbeit“ ist ja, dass Unternehmen in Zukunft mit den alten Strukturen keine hochqualifizierten Wissensarbeiter mehr für sich gewinnen werden. Selbst wenn sie auf den alten Hierarchien beharren möchten – ihnen bleibt keine andere Wahl, als sich von ihnen zu verabschieden.

Nun liest man ja öfter, dass es Bereiche gibt, in denen man offenbar getrost auch weiter wie bisher agieren kann, zum Beispiel in der Produktion. Oder bei Tätigkeiten, bei denen das Personal beliebig austauschbar ist, weil es keinerlei aufwendiger Qualifikation bedarf. Darunter fallen sicherlich auch Reinigungstätigkeiten, bei denen es wohl auch dem vehementesten Vertreter von „New Work“ schwerfallen dürfte sich vorzustellen, wie man diese Aufgaben mit „Sinn anreichern“ kann.


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Geht aber, wie das Beispiel einer jungen Firma zeigt, über die die Wirtschaftswoche berichtet (Immer da und nie zu sehen). Zwei Frauen haben Klara Grün gegründet, ein Start-up, das in Berlin Reinigungsdienstleistungen anbietet und seine Mitarbeiter sogar leicht über dem Tariflohn bezahlt. In einer Branche, in der Mitarbeiter beliebig austauschbar zu sein scheinen, es keiner Ausbildung bedarf und vermutlich mehr Geld schwarz umgesetzt wird als „offiziell“, hat das Unternehmen offenbar eine Nische gefunden. Und das, obwohl eine Stunde mit 28 Euro berechnet wird.

Die Grundidee: Man wollte ein „Reinigungsunternehmen, das fair zu seinen Mitarbeitern ist„, gründen. Klingt erst mal nicht nach einer tollen Geschäftsidee. Doch offenbar ist selbst in dieser Branche Platz für ein „Premium-Produkt“. Die beiden Gründerinnen gingen erst mal selbst putzen und sorgten bei „jungen, gebildeten, internationalen Menschen“ für Irritationen, weil sie dort anders auftraten, als man das gewöhnlich von Reinigungskräften erwartet. Dann beschäftigten sie sich mit der Planung, wie man zum Beispiel große Flächen effizient reinigt, mit Reinigungsmitteln, von denen keine Gesundheitsgefahren ausgehen für die Mitarbeiter und die Kunden. Und stellten diese schließlich sogar selbst her.

Der Erfolg gibt ihnen Recht. Offenbar ist es ihnen gelungen, der Reinigungstätigkeit ein anderes Image zu verpassen. Denkt man ernsthaft darüber nach, stimmt es ja, dass wohl kein Krankenhaus, keine Schule, kein Büro allzu lange existieren dürfte, wenn niemand sie reinigen würde. Nur geschieht das in der Regel, wenn alle Mitarbeiter aus dem Haus sind, die Tätigkeit bleibt im Verborgenen, Wertschätzung ist da nicht zu erwarten. Es ist das „Ende der Wertschöpfungskette„. Die Mitarbeiter von Klara Grün aber tauchen auch mal tagsüber in den Büros auf und bekommen so Kontakt zu den Kunden. Und umgekehrt. Allein das ändert schon die Sicht auf die Aufgabe.

Vor allem aber: Die Mitarbeiter können mitreden. Einmal im Monat versammeln sich alle (mittlerweile 35 an der Zahl) in der Zentrale und sprechen über Probleme und die Entwicklung der Firma. Nicht alle sind am zweiten Thema interessiert, aber überhaupt die Möglichkeit der Mitsprache zu haben, stellt schon eine Wertschätzung dar, die sicher kein anderes Reinigungsunternehmen bietet.

Klingt spannend, dem Unternehmen wünscht man den Erfolg, auch wenn Experten skeptisch sind. Am Ende, so die Prognose, entscheidet in der Branche dann doch der Preis, und die Konkurrenz der Billiganbieter ist groß. Mal abwarten.

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