18. April 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Halbierte Demokratie

INSPIRATION: Wie wäre es, wenn nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in Unternehmen demokratische Spielregeln herrschten? Regelmäßige MWonline-Leser dürfte bekannt sein, dass wir der Idee viel Sympathie entgegenbringen und die klassische Hierarchie als Relikt aus alten Zeiten betrachten – die aber keineswegs daran denkt, aufzugeben. In der managerSeminare plädiert Andreas Zeuch für die Demokratisierung von Organisationen (Ohne demokratische Arbeitswelt keine Demokratie) und erklärt, dass ohne eine solche unsere Demokratie bruchstückhaft bleibt. Wir leben in einer Art halbierter Demokratie. Sie gilt nur für einen Teil unseres Lebens bzw. nur für einen Teil der Berufstätigen.

Das ist ein interessanter Aspekt. Wie sollen Menschen, die als Angestellte Anweisungen befolgen, demokratisch kompetent handeln lernen, wenn sie „dies beim täglichen Broterwerb nicht üben können“? Wo doch Organisationen deutlich weniger komplex sind als Gesellschaften, also wären sie doch ein schönes Übungsfeld. Geht aber meist nicht, denn so viel scheint in den Chefetagen in der Regel klar zu sein: „Wir sind doch keine demokratische Veranstaltung.“ Stimmt ja auch. Das wäre man dann, wenn diejenigen, die an der Wertschöpfung beteiligt sind, auch über die Verwendung des erzeugten Gewinns (mit)entscheiden könnten.


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Ist die Demokratie in Gefahr?

Zeuch sieht viele Anzeichen, dass die Demokratie, wie wir sie kennen, in Gefahr ist. Nachvollziehbar. Und eine Möglichkeit, sie zu stärken, wäre die Demokratisierung der Arbeit. Hier erkennt er viele gute Ansätze, Stichworte sind Agilität, New Work, Empowerment – auch wenn solche Ansätze vermutlich weniger aus Sorge um eine demokratische Gesellschaft gefahren werden, sondern eher der Erkenntnis entspringen, dass mit der klassischen Organisationsform die Gewinnung kluger Köpfe schwieriger wird. Dass sich auch die rechtlichen Regeln hierfür ändern müssen, hat sich herumgesprochen, die Forderungen nach einer Gesellschaftform wie z.B. die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen stehen im Raum.

Mal aus der eigenen Erfahrung mit großen Gruppen: Ich weiß, dass es möglich ist, auch mit vielen Menschen zu guten Entscheidungen zu gelangen. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass es alles andere als einfach ist und tatsächlich sehr viel Übung erfordert. Und dass der Weg steinig ist, mit regelmäßigen Rückfällen zu Forderungen wie: „Dann muss eben der Vorstand entscheiden!“ oder „Ohne einen Vorgesetzten, der ein Machtwort spricht, geht es nun mal nicht!“ Doch, es geht, und mich stimmen die vielen Ansätze und Experimente ebenfalls zuversichtlich, auch wenn sie vermutlich noch einen sehr geringen Raum in der Wirtschaftswelt einnehmen.

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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