10. Oktober 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Hör mal, wer das spricht

KRITIK: Preisfrage: Angenommen, Sie bekommen einen Text vorgelegt, der angeblich von Ihrem Chef verfasst wurde. Es könnte aber auch sein, dass dieser eine KI gebeten hat, das Schreiben für ihn aufzusetzen, und zwar in seinem persönlichen Stil. Denken Sie, sie würden erkennen, von wem es tatsächlich stammt?

Genau diese Frage hat Forscher beschäftigt, und die 700 Mitarbeitenden eines Software-Unternehmens gebeten, Fragen an ihren CEO zu richten. Am Ende wurden es 105 Fragen, die zum Teil vom CEO selbst, zum Teil von einem Chatbot beantwortet wurden, der zuvor mit Slack-Nachrichten und E-Mails des Managers trainiert worden war.


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Ergebnis: In 59 Prozent der Fälle erkannten die Mitarbeitenden die KI-Antworten. Immerhin, könnte man sagen, das ist eine ganze Menge. Andererseits: Die KI-Enthusiasten werden vermutlich entgegnen, dass die KI immer besser und dafür sorgen wird, dass eines Tages niemand mehr wird unterscheiden können, ob die Nachrichten von einem bestimmten Menschen oder einer auf ihn zugeschnitten trainierten Software stammt.

Jedes Wort überprüfen?

Es gibt aber noch ein weiteres Ergebnis: Die Betroffenen sollten auch angeben, für wie nützlich sie die Antworten hielten. Und siehe da: Wer glaubte, dass die Antworten von der KI stammten, stufte diese als deutlich weniger nützlich ein – selbst wenn sie in Wahrheit vom CEO stammte. Das Ergebnis konnte in einer zweiten Studie bestätigt werden (Hier antwortet der CEO-Chatbot).

Soll wohl heißen: Egal, ob Sie eine Nachricht selbst verfassen oder verfassen lassen: Vermuten die Empfänger, dass diese gar nicht von Ihnen persönlich stammt, wird sie weniger ernst genommen. Was folgt daraus? Die Forscher empfehlen dreierlei:

  1. Transparent sein. Also zugeben, wann man einen generative KI verwendet und wann nicht, zu welchen Anlässen man persönlich schreibt und zu welchen man dies der KI überlasst. Und erlassen Sie klare Richtlinien, wie das in Ihrem Unternehmen gehandhabt werden soll.
  2. KI für unpersönliche, formelle Nachrichten nutzen, bei persönlichen Botschaften selbst aktiv werden. Gerade Mitarbeitende, die länger im Unternehmen sind, erkennen Ihren Stil (auch das zeigten die Experimente) und werden verschnupft reagieren.
  3. Überprüfen Sie alles, was in Ihrem Namen verfasst wird, am besten jedes Wort. Lassen Sie ein Teammitglied die KI-generierten Botschaften gegenlesen.

„Als ob“, möchte man da rufen. Genauso wird es sicher nicht laufen. Zum einen: Auch bisher ließen Manager Texte von anderen verfassen, z.B. von ihrer Kommunikationsabteilung. Und vermutlich galten da die oben aufgeführten Ergebnisse auch schon, hat vielleicht aber niemand untersucht. Außerdem: Sie können noch so viel erklären, dass Sie einen Text selbst verfasst haben: Wer soll Ihnen das glauben, wenn die KI immer besser wird?

Grenzenloses Vertrauen

Und schließlich: Fragen Sie sich mal, ob Sie, wenn Sie sich ins Auto setzen, den Routenvorschlag Abschnitt für Abschnitt überprüfen, weil sie der Empfehlung nicht trauen. Wir verlassen uns längst grenzenlos auf die Empfehlungen, selbst wenn sie uns mal in eine Sackgasse führen. Oder wie kürzlich in meiner Nachbarschaft, als ein gewaltiger LKW in eine Spielstraße einbog und einen Baum sowie eine Laterne abrasierte.

Will sagen: Mag sein, dass der eine oder andere noch eine Weile die künstlich erzeugten Texte genauestens prüft, aber das wird bald der Vergangenheit angehören. Und ich bin inzwischen auch davon überzeugt, dass persönliche Chatbots in Besprechungen geschickt werden, um miteinander zu diskutieren – während die Chefs auf dem Golfplatz stehen.

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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