KRITIK: Stets die gleichen Klagen über die Jugend, aber irgendwas ist anders, wenn über die aktuelle Generation der Berufseinsteiger geschimpft wird. Die Beschwerden sind „gereizter, anprangender als in früheren Zeiten“, so die Wirtschaftswoche (Was wollen sie denn nur?). Ob das so ist, kann ich nicht beurteilen, ist ja auch schwer messbar. Die Ursache für das Jammern könnte daran liegen, dass die jungen Leute heutzutage deutlich fordernder auftreten können als zu anderen Zeiten, und das schmerzt natürlich. Wo früher die Einstellung herrschte: „Die wollen schließlich was von uns – nämlich einen Arbeitsplatz!“, müssen Arbeitgeber sich als Bittsteller fühlen. Man stelle sich die Situation vor: Wo der Personaler bisher fragte: „Warum sollten wir Sie einstellen?“ bekommt er vermutlich häufiger zu hören: „Warum sollte ich bei Ihnen anfangen?“
5 Mythen um die sogenannte Generation Z
- Work-Life-Balance: Angeblich hätten sie gerne nur drei Tage pro Woche gearbeitet, bei vollem Gehalt. Letzteres ist gar nicht mal falsch – tatsächlich schauen sie schon sehr auf’s Geld, mehr auf jeden Fall als die Vertreter der Generationen X oder Y. Was sicher auch eine Frage von Angebot und Nachfrage ist, siehe oben. Was die Arbeitszeit betrifft, so geht es ihnen mehr um Flexibilität, nicht um Teilzeit.
- Sinn: Das war schon zu allen Zeiten so: Menschen möchten sich nützlich machen, das wollen auch die Berufseinsteiger von heute. Laut Umfragen unterscheiden sie sich darin aber überhaupt nicht von älteren Arbeitnehmern.
- Mangelnde Motivation: Tatsächlich arbeiten Menschen heute weniger als noch vor zehn Jahren, das aber gilt für alle Altersgruppen. Und für die älteren deutlich stärker als für die jüngeren. Was übrigens auch für Studenten gilt: Deren Wochenarbeitszeit ist auch gestiegen – was mit dem nächsten Mythos zu tun haben dürfte.
- Eltern zahlen: In der Tat kann man den Eindruck haben, dass viele junge Leute über ausreichend Geld verfügen, um erst mal gemütlich durch die Welt zu reisen, Mama und Papa sei es gedankt. Die Zahlen zeigen, dass der Anteil derer, die sich ihren Unterhalt selbst verdienen, gestiegen ist. Viele sind sogar von Armut betroffen und können sich die Mieten in den Universitätsstädten kaum noch leisten. Sicherlich werden einige von ihren Eltern gut ausgestattet – wer das auf die ganze Generation überträgt, erliegt einer Wahrnehmungsverzerrung.
- Verantwortung, nein danke: Angeblich haben sie keinen Bock auf Führungspositionen. Laut Studien aber liegt der Wunsch nach Karriere hinter dem Gehalt und der flexiblen Arbeit auf Rang 3. Sie möchten durchaus Verantwortung übernehmen, fürchten allerdings den Stress in Führungspositionen. Was zum letzten Vorurteil führt.
- Bloß kein Stress: Das ist interessant: Junge Menschen empfinden mehr Stress als ältere, laut einer US-Studie haben Menschen mit Mitte 50 das niedrigste Stressempfinden. Inwieweit das schon immer galt, geht aus dem Beitrag nicht hervor, dürfte aber nicht unbedingt typisch für eine Generation sein, sondern (wie vieles andere auch), mit dem Alter zu tun haben.
Weiter denken
Was bedeutet das nun für Arbeitgeber? Wer händeringend Personal sucht, wird tiefer in die Tasche greifen müssen, und das hat genauso wenig mit der aktuellen Generation Z zu tun wie der Wunsch nach mehr Flexibilität. Der ist in allen Altersgruppen offenbar groß. In Sachen Leistungsbereitschaft muss sich niemand Sorgen machen, die jungen Menschen wollen sich beweisen. Vor allem aber: Wer nun spezielle Angebote für Berufseinsteiger kreiert, sollte aufpassen, dass er die älteren Mitarbeiter nicht vergrault: Die nämlich sind genauso anspruchsvoll. Wehe, wenn sie merken, dass auch andere Arbeitgeber gute Bedingungen bieten, während der eigene gerade die Generation Z umgarnt.
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Was mich wundert: Hier fehlen Mythen zum Thema „Digitalisierung“. Hängen junge Leute nur noch in sozialen Medien rum? Hat ihre Aufmerksamkeitsspanne nachgelassen? Muss man ihnen ständig neue Reize anbieten, damit sie überhaupt noch aufblicken? Mein Verdacht: Auch darin unterscheiden sich Alt und Jung nicht besonders, wenn man sich mal im öffentlichen Raum umschaut. Wer ständig sein Smartphone aus der Tasche zieht, ist keineswegs immer unter 30…