KRITIK: E-Learning und die Digitalisierung graben den klassischen Seminaren das Wasser ab, da muss sich ein Trainer schon etwas einfallen lassen, wenn er in Zukunft noch vor einer Gruppe von Teilnehmern stehen will. Aber was?
Ich war ziemlich gespannt auf diesen Beitrag in der wirtschaft + weiterbildung (Die Zukunft des Präsenztrainings). Und es geht auch knackig los: Kein langatmiges Vorstellen des Trainers und der Teilnehmer mehr, der Name reicht. Keine Folienschlachten, die schläfern nur ein. Keine Erwartungsabfragen, wenn die Teilnehmer von ihren Unternehmen geschickt wurden – was sollen die schon antworten?
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Keine Spielchen mehr, die sowieso nicht zum Thema passen. Und wozu Aktivierungsübungen? Das Seminar selbst sollte aktivieren, also muss man nach der Mittagspause die Teilnehmer nicht in Bewegung versetzen. Moderationskartensammlungen kann man sich ebenso schenken wie auch die langweiligen Gruppenarbeiten mit anschließenden Präsentationen, die sich quälend in die Länge ziehen. Und schließlich weg mit den Feedback-Bögen am Ende, die ohne wirklichen Erkenntnisgewinn sind.
Aha, nun wissen wir, was nicht mehr geht. Aber mit Verlaub: Das ging NOCH NIE!! Mag sein, dass es immer noch Trainer gibt, die so arbeiten – und das können sie auch nur, weil die Teilnehmer ihnen dahingesetzt werden und glauben, keine andere Wahl zu haben.
Nun hätten wir nur zu gerne gewusst, wie ein Präsenztraining der Zukunft denn nun aussieht. Hier kommt es:
Die Seminarinhalte werden in eine Geschichte eingebettet (Storytelling live), das Seminar „wird durch den Rahmen der Inszenierung gehalten und getragen„. Es geht los mit einem spannenden „Mind Opener“. Z.B. zeigt der Trainer zum Auftakt eine Szene, wie er als Führungskraft am Schreibtisch sitzt, Bewerbungsunterlagen sichtet und darüber sinniert, warum eine wertvolle Mitarbeiterin das Unternehmen verlassen hat. Die Teilnehmer sind betroffen.
Oder: Die Teilnehmer arbeiten zwar in Kleingruppen am Thema, aber ihre Ergebnisse werden auf dem „Marktplatz“ präsentiert. Alternativ zum Wochenmarkt kann das auch ein orientalischer Basar oder eine Messehalle sein. Klingt für Sie nach Theater? Ist wohl auch so gedacht: Edutainment heißt das Zauberwort. Ich sehe schon die Teilnehmer vor dem Seminar miteinander reden: „Na mal schauen, welches Stück diesmal aufgeführt wird.“
Und statt aktivierender Bewegungsspiele nutzt man eine ruhige Runde. Dazu sitzen die Teilnehmer um ein symbolisches Lagerfeuer und sinnieren über das bisher Erfahrene. Oder liegen „unter einer Yakdecke“ auf dem Boden. Da darf auch schon mal ein Powernap die Folge sein…
So wird man also der Konkurrenz der Webinare und Lern-Apps Paroli bieten? Sicher nicht, denke ich. Es sollte damit anfangen, dass erst gar kein Mitarbeiter mehr auf Seminare „geschickt“ wird. Und wenn schon Training, dann wirklich trainieren und nicht Pseudo-Gruppenarbeiten durchführen lassen, die vor allem den Trainer entlasten und die Teilnehmer nerven. Aber auch das hat nichts mit der Digitalisierung zu tun, sondern sollte schon immer so sein.