INSPIRATION: Es ist eine verstaubte Diskussion: Sollten deutsche Manager lernen, so unterhaltsam wie die Angelsachsen zu präsentieren? Einige CEOs sollen inzwischen die Kunst der Unterhaltung beherrschen, aber die Masse kann es immer noch nicht. Obwohl die meisten glauben, sie seien gut.
Letzteres ist ein Ergebnis einer Online-Umfrage unter 300 Managern (Perfekt präsentieren). 87% gaben an, sie seien gute Redner. Da wundert man sich in der Tat, wenn man in den Meetings und Konferenzen sitzt und auf die Power-Point-Schlachten starrt. Auch ein interessantes Resultat: 81% präsentieren lieber mit als ohne Power-Point. Aber 70% finden freie Vorträge am besten. Warum verzichten sie dann nicht auf den Beamer?
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Power-Point-Schlachten …
Weil er Sicherheit gibt und die Vorbereitungszeit reduziert. Die Folien sind weniger für die Zuhörer als für den Vortragenden. Dann weiß er immer, worüber er gerade spricht, und wenn er den Faden verliert, muss er nur die nächste Folie aufrufen und schon geht es weiter. Eine frei gehaltene Rede aber erfordert viel mehr Vorbereitung oder zumindest eine andere. Statt endlos Zeit in die Erstellung von Charts zu stecken, muss der Manager üben, üben und üben. Und weiß dann immer noch nicht, ob er etwas Wichtiges vergessen oder sich verhaspeln wird. Das Erstellen von bunten Bildern macht da deutlich mehr Spaß …
Aber mal zurück zur Frage der Mentalität: Es stimmt, wir sind natürlich viel beeindruckter, wenn jemand auf der Bühne steht, scheinbar locker daher erzählt und uns mit guten Geschichten in seinen Bann zieht. Das, was einen Winston Churchill auszeichnete, was ein Barack Obama perfekt beherrscht, und was amerikanische Unternehmenslenker vor Tausenden von Mitarbeitern zelebrieren. Und was offenbar auch bei deutschen CEOs angekommen ist, wie der Auftritt von Tim Höttges von der Telekom vor den Aktionären beweist.
Aber gerade dieser Höttges antwortet auf die Frage, ob das Thema „Präsentation“ zu viel oder zu wenig Gewicht hat, mit der Feststellung, dass sie eher übergewichtet werden. Da stimme ihm gerne zu. Ich glaube, dass die meisten internen Präsentationen völlig überflüssig sind. Kürzlich sollte ich einen Vorschlag vor einer Reihe von Kunden präsentieren. Ich hatte ihn stichwortartig auf Folien verfasst, aber als der Termin stattfand, wurde die Besprechung kurzerhand verlegt, und es gab keinen Beamer.
Verschwendete Zeit
Ich hatte den Vorschlag vorab an alle Teilnehmer versandt, und wie sich herausstellte, hatten die meisten ihn gelesen. Ich habe ihn mit wenigen Worten zusammengefasst und wir konnten sofort in die Diskussion einsteigen. Hätte ich ihn noch einmal komplett präsentiert, wäre das verschwendete Zeit gewesen. Genau so dürfte es in vielen Unternehmen zugehen. Mit dem Unterschied, dass die vorab verschickten Informationen vermutlich kaum gelesen werden. Warum eigentlich nicht? Würden sie so verfasst, dass sie das Interesse der Mitarbeiter wecken, wäre das kein Problem. Und so manche Präsentation könnte unter den Tisch fallen.
Will sagen: Für einen guten Vortrag braucht man keine Folien, sondern eine gründliche Vorbereitung. Die steckt man besser in die Unterlagen, die vorab verteilt werden. Dann fasst man das Wesentliche ohne Charts zusammen und steigt in die Diskussion ein. Jede Wette, dass sich die Mitarbeiter schnell daran gewöhnen?!
Die Experten meinen, dass in der heutigen Zeit, in der Chefs nicht mehr per Anweisung führen können, sie ihre Mitarbeiter mehr überzeugen müssen. Deshalb hätten ihre Präsentationen ein anderes Ziel: Mehr überzeugen als informieren. Ziemlicher Quatsch, finde ich. Vorstände sollten vor allem verständlich informieren. Da könnten sie in der Tat noch vieles optimieren.
Was die Sehnsucht nach guter Unterhaltung angeht: Mag ja sein, dass Angelsachsen das besser beherrschen. Aber wieso muss ein Vorstand seine Mitarbeiter unterhalten? Wozu die Show von der Art der Motivationsveranstaltungen, wo der Chef vorne steht und von der Mannschaft gefeiert wird? Oder von den Aktionären? Wenn ich unterhalten werden möchte, gehe ich ins Theater, ins Kabarett oder ins Konzert. Irgendwas läuft schief, wenn der Wert eines Unternehmens davon abhängt, ob der Chef eine inspirierende Rede halten kann oder nicht. Wie sagt Tim Höttges? „Im Unternehmen zählt nicht, was man gesagt oder gedacht hat, sondern was man gewagt und gemacht hat.“ Mag sein, dass das teutonisch ist, aber es gefällt mir.