26. November 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Erfolg definieren

PRAXIS: Vermutlich sind Sie kein Wunderkind und von dem folgenden Beitrag nicht betroffen. Aber vielleicht sind Sie durchaus leistungsorientiert und leiden auch manchmal, wenn der Erfolg sich nicht so einstellt, wie Sie es gerne hätten. Da genügt es vielleicht schon, wenn man sich die Statistiken bezüglich der eigenen Webseite anschaut und feststellt, dass die Zugriffe gesunken sind. Und schon sinkt auch die Stimmung.

Was das mit Wunderkindern zu tun hat? In der Wirtschaftswoche werden zwei junge Überflieger vorgestellt, die schon früh nahezu alles erreicht hatten (Die Wunderkindfalle). Chef einer eigenen Werbeagentur. Oder eines Start-ups, das zu einem etablierten Unternehmen herangewachsen ist. Und die der Erfolg vor sich hertreibt. Weil sie in aller Munde sind und immer wieder gefragt werden, was denn so als nächstes kommt. Bis sie sich gefragt haben, was Erfolg eigentlich für sie bedeutet.


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Ich denke, man muss kein Wunderkind sein, um sich diese Frage zu stellen. Viele von uns dürften sich über ihre Leistungen definieren, und jede wird ihre eigenen Indikatoren entwickelt haben, woran sie festmacht, dass sie erfolgreich ist. Der eine über den Stand seines Bankkontos, der nächste über die Zahl der Klicks, wieder andere über die Anzahl der Mitarbeitenden, den Umsatz, die Erwähnung in der Presse – oder einfach nur die Häufigkeit, mit der man von Kollegen gefragt wird.

Innehalten und reflektieren

Sobald diese „Kennzahlen“ nach unten zeigen, geht es uns schlechter. Wenn die Schwankungen sich in Grenzen halten, ist dagegen sicher nichts einzuwenden. Aber wenn wir anfangen, darunter zu leiden, wird es Zeit, sich die Frage zu stellen, welcher Weg der richtige für uns ist. Dazu muss man sicher nicht ein Jahr Auszeit nehmen und auf Wanderschaft gehen. Sondern in einer ruhigen Minute mal innehalten und die eigenen Werte in Frage stellen. Schwer genug.

Wie das geht? Hier kleine Anregungen: Eine kleine Liste erstellen, oder besser zwei: Die eine enthält die Werte, die früher eine bedeutende Rolle gespielt haben, die andere, was heute besonders wichtig ist. Das nämlich kann sich durchaus ändern. Wer mal nach Ruhm und einen Platz am Vorstandstisch gestrebt hat, stellt vielleicht fest, dass Familie und Partnerschaft auch eine hohe Bedeutung haben.

Wer dann feststellt, dass er sich innerlich doch von dem einen oder anderen Streben lösen möchte, sollte aktiv Abschied nehmen. Man könnte sich Fotos von besonders erfolgreichen Momenten anschauen und dann akzeptieren, dass es vorbei ist. Und nun etwas Neues beginnt.

Check-in mit dem inneren Team

Dann könnte man Erfolg für sich neu definieren. Alles andere als einfach, denn die alten Muster werden sich so schnell nicht abschalten lassen. Da wird vermutlich eine kleine Bemerkung eines Kollegen ausreichen, um unser „Nervensystem in den Alarmzustand“ zu versetzen. Tipp eines Wunderkindes: „Check-in mit dem inneren Team“. Sich fragen, welche Teil in uns da gerade unter Druck gerät und sich klar machen, dass wir eben aus mehreren Persönlichkeiten bestehen. Um zu entscheiden, wie wir den einen, der da gerade mal wieder nach Ruhm schreit, zufrieden stellen können.

Und schließlich ein Hinweis, den viele nicht gerne hören wollen. Wer sich besonders stark über seine Leistung definiert und den Zeiten nachtrauert, in denen er auf einem Gebiet so ungeheuer erfolgreich war, könnte sich vielleicht klarmachen, dass jeder Erfolg eben nicht nur durch die eigenen Anstrengungen und Leistungen zustande kam, sondern viel vom richtigen Zeitpunkt und von Zufällen abhängig war. Eine Erkenntnis, die in so einem Moment der Unzufriedenheit vielleicht etwas demütig macht und den Druck senkt, einen früheren Erfolg unbedingt wiederholen zu müssen.

Die beiden Wunderkinder haben sich entschieden, sich neuen Dingen zuzuwenden und nicht mit aller Macht den alten Erfolgen hinterherzulaufen. Ihnen ist klar, dass sie damit bei ihresgleichen nicht unbedingt auf Verständnis stoßen, aber der letzte Satz lautet: „Aber muss ich denen erklären, warum ich das mache? Es reicht doch, wenn ich das weiß.“

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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Ein Gedanke zu „Erfolg definieren

  1. Das eigentlich Thema in diesem Zusammenhang lautet: Abschied nehmen, loslassen, Trauerarbeit realisieren und alternative Bedeutung für die eigene Identität entwickeln. Sich mit dem „Zweitbesten“ zu begnügen ist halt nicht einfach. Wer es alleine schafft, hat gewonnen. Wer Unterstützung dafür braucht, wird Zeit seines Leben trauern.

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