PRAXIS: Es gibt Orte, die auf den ersten Blick alles andere als eine geeignete Umgebung für ein Coaching sind. Wer denkt schon an einen Flughafen? Aber dieser hat es in sich. Er steht wie kaum ein anderer Ort für Ankommen und Abschied nehmen. Beides lässt sich wunderbar nutzen. Vor allem, wenn der Coachee ohnehin häufig unterwegs ist und man so das Coaching zeitlich prima mit einer Geschäftsreise verbinden kann – so es denn zum Thema passt.
Martin Wehrle erklärt in der Training aktuell, wie man als Coach einen solchen Flughafenbesuch nutzen kann (Der Flughafen). Wie schon bei der Stadtführung und beim Waldspaziergang lässt sich ein solches Coaching gut vorbereiten, aber nicht so genau planen wie ein Coaching im Raum. Der Coach sollte sich auf alle möglichen Störungen einstellen und diese geschickt einbinden.
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Der Flughafen ist „Stichwortgeber“ und „Inspirationsquelle“. Coach und Coachee schlendern durch die öffentlichen Bereiche zur Ankunftshalle. Der Coachee lernt, die Umgebung ganz neu wahrzunehmen, „Neues im Alten“ zu entdecken, ein klassisches Anliegen im Coaching. Entsprechende Fragen in der Ankunftshalle könnten sich mit dem Ziel beschäftigen:
- Was könnte Sie erwarten, wenn Sie am Ziel ankommen?
- Wer freut sich darüber am meisten?
- Woran werden Sie merken, dass Sie sicher gelandet sind?
- Was unterscheidet den Zielflughafen vom Startflughafen, sprich: Von Ihrer jetzigen Situation?
Weiter geht es zur Abflughalle, wo es um die jetzige Situation geht:
- Von welchen Gewohnheiten, Eigenschaften müssen Sie sich verabschieden, um sicher anzukommen?
- Was tun Sie, wenn sich das alte Verhalten festklammert und „mitfliegen“ will?
- Was verabschiedet sich mit leichtem Herzen?
Die Gepäckannahme: Was meinen Sie:
- Reisen die Menschen mit der richtigen Gepäckmenge?
- Was haben Sie überflüssigerweise im Gepäck (Gewohnheiten, Glaubenssätze …)?
- Welche „Gepäckstücke“ (Fähigkeiten) sind besonders wertvoll?
- Wer durchleuchtet Ihr Gepäck?
- Wer beschwert sich über Dinge, die Sie mit sich herumschleppen?
- Wer wird sich beschweren, wenn Sie mit neuen Dingen um die Ecke kommen?
Alle möglichen Orte und Menschen bieten weitere Anlässe für Fragen, z.B. Piloten: Wer sitzt bei Ihrer Reise am Steuer? Was war bisher Ihr turbulentester Flug? Oder die Tafel mit den Zielorten und Abflugzeiten: Angenommen, Ihr Zielflughafen ist gesperrt: Gibt es ein anderes Ziel, das auch attraktiv ist? Wann startet Ihr Veränderungsflug? Was könnte Sie aufhalten (Gegenwind)? Welches Wetter wäre günstig und können Sie es beeinflussen?
Und dann sind da noch die typischen Störungen: Leute, die einen mit ihren Koffern anrempeln, Durchsagen, die ständig wiederholt werden, Fluggäste, die sich lauthals beschweren – auf solche Situationen kann sich der Coach vorbereiten und entsprechende Fragen „im Koffer“ haben.
Stelle ich mir höchst anregend vor. Aber, wie auch Wehrle schreibt: Man darf die Situation nicht überstrapazieren, auch die schönsten Metaphern nutzen sich ab.
Übrigens: Für die ganz mutigen Trainer stellt Wehrle eine Impact-Übung vor, die geht so: Der Coachee hat sich hohe Ziele gesteckt, ist aber noch nicht wirklich richtig hierfür vorbereitet. Dann könnte ihm der Coach den Auftrag geben zu versuchen, aus dem öffentlichen Bereich in den Abflugbereich vorzudringen, und zwar ohne Ticket. Dabei soll er hartnäckig bleiben und darauf bestehen, dass er seinen Flug erreichen muss. Wenn er schließlich aufgibt, könnte es um die Frage gehen, welches „Ticket“, sprich welche Voraussetzungen er noch erfüllen muss, um zum Ziel zu gelangen.
(nach: Martin Wehrle – Der Flughafen. Training aktuell, 9/2015, S. 24-27)