21. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Roter Teppich

KRITIK: Alle Jahre wieder – junge Menschen sind so ganz anders als wir früher. Echt jetzt? Es gibt offenbar Unternehmen, die sich von spezialisierten (jungen) Beratern erklären lassen, wie sie mit der Generation Z umzugehen haben. Wobei das die „Geschulten“ gar nicht witzig finden (Diese jungen Leute…). Aber schauen wir uns erst einmal das angebliche Phänomen genauer an.

Die Generation, die inzwischen auf dem Arbeitsmarkt angekommen ist, unterscheidet eines sicherlich von all jenen, die älter sind: Sie können sich die Jobs aussuchen. Welche Generation, die noch im Berufsleben steckt, kann das schon von sich sagen? Der Anteil der 15 bis 24-Jährigen in der deutschen Bevölkerung liegt bei 10%, vor 30 Jahren lag er bei 16% und ist seitdem stetig gesunken. 

Was tun Menschen, wenn sie die Wahl haben? Sie wählen das, was am ehesten ihre Bedürfnisse erfüllt. Und sie stellen Forderungen, die frühere Generationen nicht stellen konnten. Zum Beispiel höhere Gehälter und Sabbaticals, pünktlicher Feierabend, Zeit für Freunde, Hobbys und Familie. Vor allem: Sinnvolle Tätigkeiten, Respekt und Wertschätzung. 

Nun die Preisfrage: Hätten wir Älteren uns all das nicht auch gewünscht? Schon, oder? Nur hätte man uns ausgelacht. Dazu kommt: Wir wären nicht auf die Idee gekommen. Nicht, weil wir andere Bedürfnisse hatten, sondern weil in den Unternehmen und Organisationen eine andere Vorstellung von Arbeit herrschte. Arbeit bedeutete, auch nervige, lästige Aufgaben zu erledigen, völlig sinnlosen Anweisungen zu folgen, die Klappe zu halten, wenn man sich keinen Ärger einfangen wollte. Oder wenn man aufsteigen wollte.

Nun haben sich zwei Dinge dramatisch verändert: Der Arbeitsmarkt auf der einen Seite und die Erfahrung, dass Arbeit eben auch Spaß machen kann. Nun noch einmal die Frage: Hätten wir Älteren nicht auch freudvolle Tätigkeiten gewählt, wenn man sie uns angeboten hätte? Und wären wir nicht auch wählerisch gewesen, wenn man uns hofiert hätte aus Sorge, sonst kein Personal zu bekommen? 

Ich stimme also im Grunde dem Soziologen Hurrelmann zu, der keinen Unterschied zwischen den Generationen festmachen konnte und zu dem Ergebnis gelangt, dass entweder alle Menschen heute anders denken als früher oder dass alte Leute immer anders als junge denken. Ich glaube, beides stimmt nur zum Teil: Die Verhältnisse haben sich geändert, nicht die Menschen. Und alte Menschen sind entsprechend gekränkt, weil sie es nun mal nicht so gut hatten wie die jungen. Sie denken nicht anders, sie hätten es nur gerne genau so schön gehabt.

Es gibt weitere Feststellungen zur jungen Generation, die interessant sind. Angeblich können sie mit Kritik nicht umgehen, deshalb empfehlen die „Generation Z-Versteher“ ihren Kunden, sie „engmaschig, unmittelbar und sensibel zu kritisieren„. Die Ursache liegt darin, dass sie schon von ihren Eltern vorsichtig behandelt wurden – Eltern, „die wenig Widerworte gegeben haben„. Lustig, oder? Sie sind also keinen Gegenwind gewohnt, wurden immer mit Samthandschuhen angefasst und brechen in Tränen aus, wenn sie mal nicht für die Tollsten gehalten werden. Sagt das nicht jede Eltern-Generation über die folgende?

Mag sein, dass sich die Erziehung geändert hat. Und das mit den Tränen habe ich auch schon gehört – da werden Studenten in der Prüfung mit der Note 2 beglückt und für sie bricht eine Welt zusammen. Stimmt, hätten wir nicht gewagt, auch wenn uns danach zumute war. Früher konnten Dozenten unfair benoten wie sie wollten – hätten wir es gewagt, sie zu kritisieren? Oder Führungskräften zurückzuspiegeln, wie völlig daneben sie in unseren Augen mit ihren Beurteilungen lagen? Wohl eher nicht.

Eine letzte Behauptung: Die Generation Z leide häufiger an psychischen Krankheiten, daher gibt es schon Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden Therapiestunden bezahlen. Könnte es sein, dass auch ältere Generationen „gelitten“ haben, aber man damals kaum auf die Idee gekommen wäre, in Therapie zu gehen? So mancher hätte sich vielleicht viel Leid ersparen können. Daher denke ich, dass sich auch hier die Umstände geändert haben, nicht die Menschen. 

Bleibt die Frage, was all das denn nun für Unternehmen und speziell für Führungskräfte bedeutet? Den roten Teppich ausrollen? Sensibel kritisieren? Besonders viel loben? Wohl eher nicht, wobei mehr Wertschätzung für Menschen zu zeigen ist keine schlechte Idee. Zum Beispiel indem man mit ihnen redet statt ihnen Anweisungen zu geben. Mag für manche Führungskraft ungewohnt und anstrengend sein. Vor allem aber: Sinnvolle Tätigkeiten anbieten. Verantwortung übertragen. Denn die wollen junge Leute sehr wohl übernehmen, auch wenn das oft bezweifelt wird. Sie wollen nur nicht mehr diese überholte Art von Verantwortung für andere übernehmen, wo sie anderen sagen sollen, was sie zu tun haben. 

Berechtigte Frage am Ende des Beitrags: Und wer macht die Tätigkeiten, auf die keiner Lust hat? Bei Trumpf versucht man, diese Aufgaben Maschinen zu übertragen. Wäre eine Alternative. Aber ich sehe noch zwei weitere: Erst mal schauen, ob diese Aufgaben wirklich notwendig sind. Und wenn das so ist, dann sich mal nach Menschen umschauen, die durchaus Lust darauf haben. Ich erinnere mich an einen Kurs mit jungen Leuten, in denen ich von – in meinen Augen – todlangweiligen Aufgaben in einer Behörde berichtete, und eine Schülerin meinte: „Wieso langweilig? Ich könnte mir das sehr gut vorstellen…“

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