23. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Schlaflose Nächte

INSPIRATION: Tipps für Menschen, die unter Arbeitssucht leiden, findet man häufiger. Was aber sollen diejenigen tun, die unter einem Workaholic als Chef leiden? Wenn angeblich 10% der Deutschen Anzeichen einer Arbeitssucht zeigen, dann wird es auch eine entsprechende Anzahl von Führungskräften mit diesen Symptomen geben. Wer für eine solche arbeitet, hat es nicht leicht (Hilfe, mein Chef ist ein Workaholic!). Wobei, so die Definition der Krankheit, nicht die Menge, die jemand wegschafft, ausschlaggebend ist, sondern wenn jemand die Kontrolle verliert, „es nur noch um den Akt des Arbeitens“ geht, nicht mehr um Ergebnisse.

Die Auswüchse für Mitarbeitende können dramatisch sein: Mail-Lawinen nach Feierabend und am Wochenende, Besprechungen am Abend, die kurzfristig anberaumt werden, um noch rasch etwas zu klären, spitze Bemerkungen, wenn man vor dem Chef das Büro verlässt. Die Empfehlung ist eigentlich klar: Grenzen setzen. Klar machen, wozu man bereit ist und wozu nicht. Aber dann sind da die Kollegen, die sich in Sachen Überstunden gegenseitig überbieten, um zu demonstrieren, dass sie ebenso „fleißig“ sind. Ich erinnere mich an einen Kollegen, dem ich beim Hinausgehen einen schönen Abend wünschte und beiläufig fragte, ob er noch viel zu tun hätte. Er schüttelte den Kopf, aber meinte: „Da findet grade ein Meeting mit unserem Chef statt, ich denke, er wird danach noch auftauchen und was von mir wollen. Ich warte, bis er aus dem Haus ist …“


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Wer hier nicht mitspielt, kann rasch einen Stempel aufgedrückt bekommen, von wegen fehlendem Engagement. Was bei der nächsten Gehaltsrunde mit Sicherheit von Nachteil ist. „Love it, change it or leave it“ lautet der Tipp eines Beraters. Kann man das auf Dauer wirklich „lieben“? Oder verändern? Ich bezweifle es, höchstens aussitzen. Wie das bei Süchtigen ist: Wer mitspielt, hält das System aufrecht. Und die Konsequenzen tragen. Aber das Gleiche gilt auch für diejenigen, die nicht mitspielen. Denn es bedeutet, sich einen neuen Job suchen zu müssen. Leave it …

Was tun?

In dem Beitrag der Wirtschaftswoche gibt es weitere typische Tipps: Fakten sammeln, Tagebuch führen, konkrete Beobachtungen notieren – für den Fall, dass man doch mal versucht, ins Gespräch zu kommen. Oder der Fall irgendwann bei der Personalabteilung landet.

Finde ich schwierig, ist eher was für Juristen. Entscheidend ist doch, wie es einem persönlich geht. Und das merkt man in der Regel recht früh. Wer in ein solches System hineingerät, hat durchaus eine Wahl. Ganz früh ansprechen, nicht abwarten, bis man tief drinsteckt und sich nicht mehr zu helfen weiß. Bei den Kollegen fragen, ob das „normal“ ist, wie lange der Zustand schon besteht. Einfach neugierig erkundigen. Und dann sich selbst prüfen: Bin ich bereit, für das „Schmerzensgeld“ und die Aussicht auf weitere Gehaltserhöhungen mitzuspielen? Wenn ja, sollte man nicht jammern.

Fällt die Antwort negativ aus, spricht nichts gegen einen Versuch, die Situation mit dem Süchtigen anzusprechen: „Mir ist aufgefallen, dass … Was genau erwarten Sie von mir in diesen Situationen? Welchen Einsatz, welchen Aufwand? Über welchen Zeitraum?“ Und dann zusammenfassen, sicher stellen, dass man alles richtig verstanden hat. Wer dann zur Antwort bekommt, „Bei mir müssen Sie rund um die Uhr zur Verfügung stehen, wenn Sie hier was werden wollen!“ (habe ich mir nicht ausgedacht, ich kenne Leute, die haben genau diese Antwort erhalten und sind geblieben), kann in die konkreten Planungen für einen Stellenwechsel gehen – bevor der Teufelskreis so richtig in Fahrt kommt.

Erstaunlich finde ich immer wieder, dass Menschen in gehobenen Positionen sich über solche Führungskräfte beschweren. Die in der Regel auch ein gehobenes Gehalt beziehen und dann argumentieren, dass sie um ihre Karriere fürchten. Die Optionen lauten dann: Ein einigermaßen „normales“ Arbeitsleben mit einem vielleicht etwas geringerem Einkommen oder ein Schrecken ohne Ende mit hohem Einkommen. Oder dem Prinzip Hoffnung huldigen – vielleicht bricht er ja eines Tages zusammen und wird vernünftig. Bei Süchtigen eher unwahrscheinlich …

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