INSPIRATION: Wenn Arbeit zum Spiel wird, macht sie mehr Spaß, die Leistung steigt und alle sind glücklicher. Gamification nennt sich das. Klingt gut, funktioniert aber nur, wenn man es richtig angeht. Sagt ein Neurowissenschaftler. Witzigerweise ohne Bezug zu nehmen auf die Neurowissenschaft.
Henning Beck schreibt regelmäßig in der Wirtschaftswoche und erklärt in seiner aktuellen Kolumne (Der pubertierende Mitarbeiter), was es mit dem Spielen und Arbeiten auf sich hat. Dabei bezieht er sich gar nicht wie üblich auf neurowissenschaftliche Erkenntnisse, sondern schaut sich an, welchen Sinn das Spielen bei Kindern hat: Sie lernen auf diese Weise die Welt kennen und verstehen. Und ihr Spiel mit Lego, Puppen, Autos und Plastikfiguren kennt keine Gewinner, keine Bestenlisten, neue Levels oder Highscores.
Besonders wichtig: Es gibt keine vorgebenen Regeln, die sie befolgen. Sie entwickeln eigene Regeln, verwerfen sie wieder und probieren neue aus. Es stimmt ja: Hören Sie mal kleinen Kindern beim Spielen zu, sie reden im Konjunktiv: „Jetzt könnten wir …“
Der Konjunktiv
Später, wenn sie in die Pubertät kommen, wehren sie sich gegen Regeln und stellen sie in Frage. „Das Infragestellen gesellschaftlicher Regeln ist ein wichtiger Antrieb für kulturellen Fortschritt.“ Das kann man gar nicht oft genug wiederholen: Wie sähe die Welt wohl aus, wenn alle nachfolgenden Generationen immer alle aktuellen Regeln befolgten? Wir säßen noch in Höhlen.
Wenn man nun versucht, die Welt der Gamer mit ihren Computerspielen auf die Arbeitswelt zu übertragen, dann ist das nichts anderes als „eine neue Form der Dressur.“ Man bringt eine Leistung und wird dafür belohnt. So etwas haben Organisationen schon immer versucht, man denke nur an den berühmten Mitarbeiter des Monats. So etwas mag begrenzt Wirkung zeigen, vor allem dann, wenn Menschen vor allem eintönige und wiederkehrende Arbeiten verrichten. Nur muss man sich dann stets neue Anreize ausdenken. Vor allem aber: Man macht Menschen vielleicht erfinderisch beim „Austricksen“ oder Überlisten der Regeln, aber nutzt sicher nicht ihre Kreativität zum Wohle der Organisation.
Wer den Grundgedanken von spielerischem Arbeiten und Lernen verfolgen will, der darf genau das nicht machen, nämlich keinen starren Regeln aufstellen, die genau befolgt werden müssen. Stattdessen sollte er Freiraum gewähren, um das Gestalten von Regeln zu ermöglichen. Ein konkretes Beispiel nennt Beck nicht. Aber gemeint könnte so etwas wie der kürzlich beschriebene „Playroom“ sein. Hier ist die Fantasie des Unternehmers oder Organisationsentwicklers gefragt …