23. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Ungewohnte Pole

PRAXIS: Als Trainer, Moderator oder Coach arbeiten wir gerne mit Skalierungsfragen – vor allem diejenigen, die lösungsorientiert vorgehen. Skalierungsfragen helfen, sich über den eigenen Standpunkt klar zu werden. Bei der Formulierung der Pole gibt es Alternativen zu den klassischen Polen, die verhindern, dass sich die Teilnehmer in der Mitte einordnen.

Die klassische Skalierungsfrage gibt zwar keine konkreten Pole vor wie „gut“ und „schlecht“, „richtig“ und „falsch“, aber dennoch steht das eine Ende der Skala in der Regel für einen Idealzustand, das andere für den denkbar schlechtesten Zustand. Also wenn ich frage: „Auf einer Skala von 1 bis 10 auf dem Weg zum idealen Team – wo seht Ihr euch heute?“, dann gibt es eindeutig einen positiven und einen negativen Pol.


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Das funktioniert in der Regel sehr gut, führt aber manchmal auch zu einer Tendenz zur Mitte. Damit macht man wenig falsch, wenn man einerseits unzufrieden ist, andererseits aber auch nicht als Miesmacher dastehen möchte. Oder wenn man eigentlich zufrieden ist, aber nicht wegen Lobhudelei schräg angeguckt werden möchte.

Eine spannende Möglichkeit der Skalierungsfrage bietet Horst Lempart an. Hier bilden die Pole zwar Gegensätze, allerdings ohne einem von beiden eine positive oder negative Bedeutung zuzuordnen. Wie wäre es also zu fragen:

  • Wie erleben Sie die Zusammenarbeit im Team: laut oder leise?
  • Wie empfinden Sie die Art der Kommunikation: glatt oder rau?
  • Wie erleben Sie die Stimmung in der Gruppe: blau oder gelb?

Das wird im ersten Moment sicher Erstaunen auslösen: Was genau soll laut sein? Was versteht man unter glatt? Und was eine Stimmung mit Farben zu tun? Das aber ist genau der Witz bei der Sache: Jeder muss sich intensiver mit seinem Erleben auseinandersetzen, er kommt ins Grübeln. Und wenn er dann seinen Platz gefunden hat und erklären muss, warum er sich dort platziert hat, wo er steht, dann geht es auch darum zu erklären, was er unter „laut“ versteht. Oder unter „glatt“. Oder was er mit „gelb“ verbindet.

Zum Grübeln anregen

Bei einer Zahl zwischen 1 und 10 nimmt man irriger Weise an, dass für alle klar ist, was jemand meint, wenn er sich bei der 6 einordnet – nämlich dass er sich etwas besser als durchschnittlich fühlt. Aber was genau soll das sein? Was für den einen schon ganz in Ordnung ist, ist für den anderen schon richtig schlecht. Als kurzes Stimmungsbild reicht das natürlich, und als „Fortschrittsmessung“ auf jeden Fall, wenn es darum geht zu schauen, wie weit man von einer Lösung entfernt ist.

Aber wenn man erreichen möchte, dass man im Team versteht, wie es dem Einzelnen geht, bieten sich die ungewöhnlichen Pole an. Sie können durchaus auch dazu führen, dass sich herausstellt, dass derjenige, der näher bei „Gelb“ steht, genau das Gleiche meint wie derjenige in der Nähe von „Blau“. Oder dass zwei Teilnehmer, die auf sich auf der gleichen Stelle einordnen, eigentlich die Situation völlig unterschiedlich bewerten. Einfach mal ausprobieren.

(nach: Horst Lempart: 52 agile Seminarmethoden. Junfermann 2019 S. 210-212)

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