INSPIRATION: In heutigen Zeiten werden solche Nachrichten vermutlich von den falschen Leuten gerne aufgegriffen, spannend sind sie allemal: Studien zeigen, dass Nationalität und persönliche Präferenzen der Forscher die vermeintlich unideologische Datenanalyse stark beeinflussen können. Nachgewiesen wurde dies in der empirischen Wirtschaftsforschung.
Nun führt wahrscheinlich der letzte Begriff schon bei einigen Lesern zu Stirnrunzeln. Offensichtlich verändert die Möglichkeit der unendlichen Datensammlung dank Digitalisierung das Selbstbild der Volkswirte, die sich inzwischen mehr als „ökonomische Naturwissenschaftler“ verstehen. Nun machen Zahlen noch nicht automatisch eine Beschäftigung mit ihnen zur Naturwissenschaft, aber zumindest könnte man ja annehmen, dass ihre Auswertung und Analyse zu „korrekten“ Ergebnissen führt.
Ein beachtlicher Bias
Fakt aber ist, dass Metastudien zu dem Ergebnis kommen, dass es „eine robuste Korrelation zwischen den Interessen des Herkunftlandes und den Aussagen seiner Ökonomen“ gibt. Erklärung der Wissenschaftler: „Man sucht so lange, bis man etwas findet, was zu den eigenen Erwartungen passt“ (Der fatale Faktor Mensch). Dazu passt auch die Erkenntnis, dass „die gleichen Forscher immer dasselbe herausfinden“.
Noch ein interessantes Phänomen: Nach Auswertung von über einer Million Fachaufsätze aus 30 Jahren fand man heraus, dass in diesen schon die verwendeten Begriffe unterschiedliche Botschaften, je nach Hintergrund der Autoren, enthielten. Steht jemand einer herrschenden Meinung kritisch gegenüber, verwendete er im Aufsatz den „negativ besetzen Begriff Austerität“, während in den der Sparpolitik eher positiv gegenüber eingestellten Journalen von „fiskalischer Konsolidierung“ die Rede war.
Altbekannte, wissenssoziologische Erkenntnisse
Ich vermute mal, dass auch die klassische Naturwissenschaft von menschlichen Einflüssen nicht verschont und dort Ähnliches zu beobachten ist. Dahinter stecken sicherlich unbewusste Mechanismen, aber auch ganz praktische Dinge: Wenn Ergebnisse dem Auftraggeber in die Hand spielen, ist das durchaus karriereförderlich, wie eine Studie zeigt. Und es führt nicht selten zu Folgeaufträgen in der Forschung, was natürlich lukrativ ist.
Die Forscher haben sehr praktische Tipps zur Hand, mit denen solche Verzerrungen vermieden werden können. Ein Mittel sind Replikationsstudien: Dabei erhalten andere Forscher die Ursprungsdaten und werten diese aus. Was allerdings nicht sonderlich beliebt zu sein scheint. Und anders als bestätigende Folgestudien eben nicht karriereförderlich, zudem auch noch als „nestbeschmutzend“ gilt. Man könnte auch strengere Regeln für Folgestudien einführen – dass zum Beispiel ein Forscher für einen bestimmten Zeitraum nach Abschluss einer Studie keinen Auftrag vom gleichen Auftraggeber annehmen darf. Und schließlich: Man könnte Forscherteams viel stärker international besetzen, eine Metastudie zeigte, dass sich dann die persönlichen Präferenzen und Hintergründe der Forscher neutralisieren. Klingt sehr vernünftig …