INSPIRATION: Die deutsche Coaching-Branche hat sich im ersten Corona-Jahr gut behauptet. Die Honorare für Business-Coachs sind deutlich um 9,1 Prozent gestiegen. Der unternehmensbezahlte Stundensatz stieg von 174,47 Euro (2019/20) auf 186,79 Euro (2020/21) und der privat bezahlte Stundensatz von 125,18 Euro (2019/20) auf 133,57 Euro (2020/21).
Der Trend zu kürzeren Coaching-Prozessen stabilisiert sich. Der Mittelwert liegt bei derzeit 10,5 Stunden pro Coaching-Prozess. Die Gründe sehen die Forscher in der generellen Zunahme von Online-Coaching in der Pandemie sowie der sich etablierenden Praxis sogenannter Digital Coaching Provider, die Coaching inzwischen offenbar in 30- bis 45-Minuten-Häppchen verkaufen. Da darf man wohl getrost fragen, ob man das nicht ehrlicherweise E-Learning nennen soll – statt hochtrabend Business-Coaching.
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Auf einen interessanten Aspekt weisen die Forscher hin: Bei den Coaches ist die Jahresarbeitszeit allgemein angestiegen. Die neue Flexibilität hat ihren Preis. Die Einarbeitung in neue Technologien, die Vor- und Nachbereitung kosten Zeit. Bei den Coaching-Providern wird das offensichtlich nicht vergütet. Klingt nach Legebatterie. Wie sollen Coaches davon leben – wenn der Provider zum Schluss auch noch seinen Marketingtribut vom unterdurchschnittlichen Honorar abzieht?
Digital Coaching Provider auf dem Vormarsch
Die Digital Coaching Provider (DCPs) haben den Markt in der Pandemie gehörig aufgewühlt, fast 50% der Coaches hatte schon Kontakt zu ihnen. Ob und wie viel Geschäft hier allerdings gemacht wird, das scheint offenbar noch klärungsbedürftig zu sein. Die Zahlen der Coaching-Umfrage Deutschland sprechen derzeit eher für einen geringen Umfang (Coaching-Honorare stiegen um 9 Prozent). Hinzu kommt eine Ambivalenz der Coaches: Einerseits ist es lukrativ für sie, weil es sie im Marketing entlastet. Andererseits fürchten viele neue Abhängigkeiten und Umsatzeinbußen. Der berühmte Drops ist also noch nicht gelutscht. Wir werden die Entwicklung schlicht abwarten müssen.
Eine Sache scheint aber nun geklärt zu sein: Wollten die etablierten Coaches vor Corona nichts von Online-Coaching wissen, hat sich das Blatt inzwischen radikal gewendet. 70% der Coaches bieten nun auch Online-Coaching an. Es geht also schon, man muss halt nur wollen. Dennoch ist Präsenz-Coaching weiterhin die beliebteste Variante. Man darf also gespannt sein, wie sich die Lage in Zukunft gestalten wird, wenn die Corona-Lockerungen wieder vermehrt Präsenz-Coaching zulassen werden. Vermutlich wird sich eine Mischform etablieren.
Middendorf und Salamon resümieren: „Als Fazit für das Pandemiejahr 2020 kann mit Blick auf den Coaching-Markt festgehalten werden, dass trotz massiver Veränderungen in den Rahmenbedingungen Coaching weiterhin einen festen Platz in der Personalentwicklung hat und als Betätigungsfeld für viele Berater attraktiv ist.“
Die weltweite Coach-Befragung der International Coaching Federation (ICF), die alle vier Jahre durchgeführt wird und auf Vor-Corona-Zahlen basiert, offenbart, dass der Coaching-Umsatz sich weltweit um 21% Prozent erhöht hat; das wären durchschnittlich jährlich plus fünf Prozent (Coaching gewann seit 2015 weltweit an Bedeutung). Um 33% erhöht hat sich auch die Anzahl der Coaches weltweit, die die ICF nun auf 71.000 schätzt. Interessant ist die globale Verteilung: Dominant sind Nordamerika und Westeuropa mit jeweils etwas mehr als 20.000 Coaches. Es folgt Südamerika (11.000), andere Regionen rangieren deutlich abgeschlagen. Während in Westeuropa die Generation X die Coaches dominiert, ist es in Nordamerika die Babyboomer-Generation. Und noch ein wichtiger Fakt: Weltweit sind 70% Prozent der Coaches weiblich.
Und was verdient man als Coach im Jahr? 51.000 US-Dollar in Westeuropa (18 Prozent unter dem nordamerikanischen Niveau). Der nordamerikanische Markt erweist sich finanziell als der dynamischste. Weil die ICF-Daten den Vor-Corona-Stand spiegeln, führte der ICF im Juni des Jahres 2020 eine zusätzliche Befragung zur Auswirkung der Krise auf den weltweiten Coaching-Markt durch. Diese Studie zeigt enorme Einbrüche im Markt. 54 Prozent berichteten von Einnahmerückgängen – auch im Selbstzahlersegment. Präsenz-Coaching war förmlich verschwunden und wurde durch Online-Coaching via Videoplattformen ersetzt. Der Ausblick: „64 Prozent aller weltweit befragten Coachs sind der Überzeugung, dass es in einem nennenswerten Umfang keine Rückkehr mehr zum guten alten Face-to-Face-Coaching mehr geben wird – ganz nach dem alten E-Learning-Motto: Virtual will win.“