25. Juni 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Ganz sicher sein

INSPIRATION: Regeln und Zuständigkeiten helfen uns allen, dass wir uns darauf verlassen können, dass Entscheidungen nicht willkürlich, mal so und mal so, gefällt werden. Und dass nicht jeder macht, was er will, sondern klar ist, wer sich um was kümmert. Das hilft zudem, dass die Dinge nicht doppelt und dreifach bearbeitet werden. Damit auch jeder weiß, wie die Regeln lauten und wie die Zuständigkeiten verteilt sind, müssen diese schriftlich festgehalten werden. Dann kann man all das zur Not nachlesen.

Worum geht es? Um die vielbescholtene Bürokratie. Sie sorgt nämlich dafür, dass die Dinge geordnet ablaufen. Sie sorgt aber auch dafür, dass wir nicht irgendwann Ärger kriegen, weil wir so gehandelt haben, wie es die Regeln vorschreiben. Oder weil wir uns innerhalb unseres Zuständigkeitsbereichs bewegt haben.


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Was passiert, wenn ein Problem auftritt, für das die Regeln nicht so ganz zutreffen? Oder ein Fall eintritt, der nicht so ganz in unseren Zuständigkeitsbereich fällt? Dann stehen wir vor der Frage: Entscheide oder handele ich trotzdem? Oder oder verlange ich erst, dass eine neue Regel aufgestellt wird oder der Zuständigkeitsbereich angepasst wird?

Letzteres führt dazu, dass immer dezidiertere Regelwerke entstehen, für vermeintlich jeden nur denkbaren Fall. Und damit die Bürokratie, die eigentlich eine sehr sinnvolle Sache ist, zu starr, zu unbeweglich wird. Folglich fordern plötzlich alle den Bürokratie-Abbau. Regelwerke entsorgen oder ganze Abteilungen, Institutionen oder gar Behörden schließen nach dem Motto: Wenn niemand mehr zuständig ist, dann geht alles wieder ganz flott.

Bloß nichts falsch machen

Fassen wir uns lieber an die eigene Nase, fordert eine Unternehmerin in der Wirtschaftswoche (Bürokratie, das sind wir alle). Denn was vielfach hinter den starren Regel- und Zuständigkeiten steckt, ist der Wunsch nach Sicherheit. Es gibt da diesen verräterischen Satz: „Um ganz sicher zu sein.“ Wenn dieser fällt, dann gilt es, besonders wachsam zu sein.

Wir wollen nichts falsch machen. Um später nicht haftbar gemacht zu werden. Ganze Versicherungsbranchen leben von diesem Bedürfnis. Ich habe den Satz auch oft genug gehört. „Wollen wir nicht lieber noch mal eine zweite Meinung einholen?“ – „Sollten wir für den Vorstand (einer kleinen Genossenschaft) nicht eine D&O-Versicherung abschließen?“ – „Wäre es nicht besser, wenn wir ein Beratungsunternehmen engagieren, um sicher zu gehen, dass das Vorgehen sinnvoll ist?“ – „Einen Gutachter engagieren, der die Schaukel zertifiziert?“ Und ganz beliebt: „Sollten wir nicht juristischen Rat einholen?“ Um dann zu erfahren, welche Regel man vorsichtshalber einführen sollte, um ganz sicher zu sein.

Mit Unschärfe leben

Was ist die Alternative? Die Antwort der Unternehmerin: „Akzeptieren, dass nichts im Leben sicher ist.“ Das haben wir auch woanders schon gelesen und erklärt: Mit Unschärfe leben (Wäschereierlass). Sagt sich so leicht. Das kann der eine privat eher, der andere weniger. In Unternehmen gibt es auch immer wieder Menschen, die sagen: „Ich weiß, dass es hierfür keine klare Regelung gibt, wir machen das trotzdem.“ Und mit der Unsicherheit leben können. Auch mit dem Risiko, später vorgeführt zu werden.

Ich denke, in Unternehmen könnte es durchaus helfen, wenn die Führung deutlich macht, dass es in Ordnung ist, nicht vollständig abgesicherte Entscheidungen zu treffen, wenn man vorher die möglichen Nebenwirkungen betrachtet hat – und das auch begründen kann. Leider ist das aber oft nicht der Fall. Es hilft viel mehr, wenn man wie ein Verdächtiger in einem Prozess einfach leugnet, dass man bewusst so entschieden hat. Also statt „Ja, es war mir klar, dass die Zuständigkeit nicht klar geregelt ist, aber weil ich das Risiko geringer eingeschätzt habe als die sich ergebenden Chancen, habe ich so gehandelt“ lieber sagen: „Ich wusste nicht, dass es unüblich ist und dachte, es sei so abgesprochen.“ Klar, dass dann sofort eine neue Regel erlassen wird.

Kann das auch in Behörden funktionieren? Vermutlich schon, stelle ich mir aber extrem herausfordernd vor. Stichwort Genehmigungsverfahren. Wer hat denn hier den Mut zu sagen: „Ich habe die Genehmigung erteilt, obwohl mir klar war, dass nicht alle Gutachten bis auf den letzten Buchstaben eingeholt worden sind. Dass da ein Restrisiko bestand, habe ich in Kauf genommen.“ Statt auf Nummer sicher zu gehen …

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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