INSPIRATION: Der Neurowissenschaftler muss es wissen – „unser Gehirn ist der größte Narzisst überhaupt“. Weil es ständig versucht sich vorzustellen, wie wohl die Welt wäre, wenn man selbst aktiv ist. Wir drehen uns also von Natur aus ständig um uns selbst, betrachten die Dinge immer aus unserem Blickwinkel, und das umso mehr, je unsicherer die Situation ist.
Das ist eben das einzige, auf das wir uns dann verlassen können: Unsere Sicht der Dinge. Das wird als Spotlighteffekt bezeichnet. Das Problem ist offensichtlich: Die Welt orientiert sich nun mal nicht daran, wie wir sie gerne hätten. Wir treffen also Entscheidungen, von denen wir überzeugt sind, aber müssen dann feststellen, dass andere Menschen – eben aus ihrem Blickwinkel – die Dinge völlig anders sehen.
Wenn Sachen völlig klar erscheinen
Ich hatte kürzlich ein Gespräch mit einem Manager, in dem ich vorsichtig versuchte, ihn darauf hinzuweisen, dass die Angelegenheit, die er als völlig klar bezeichnete und die überhaupt kein Problem darstellte, von anderen vielleicht durchaus als problematisch angesehen werden könnte. Das wies er entrüstet zurück, weil es gar nicht möglich sei, darin ein Problem zu sehen.
Der Tipp, den Henning Beck in der Wirtschaftswoche gibt (Nur Dumme nehmen sich wichtig!), hätte vermutlich hier auch nicht viel geholfen. Er empfiehlt, sich selbst nicht ganz so wichtig zu nehmen und „die Eitelkeit im Denken abzulegen“. Und das bevorzugt in unsicheren Situationen, in denen man nicht viel Ahnung hat und eigentlich niemand wissen kann, was genau passieren wird.
Der zweite Tipp lautet: Man sollte sich die Meinungen möglichst vieler anderer Menschen anhören, die „Weisheit der vielen“ nutzen. Wir treffen viel bessere Entscheidungen, wenn wir die unterschiedlichen Meinungen kennen und in unsere Überlegungen einbinden. Das stutzt dann auch das „Selbstbewusstsein auf ein gesundes, weil ausbalanciertes, Maß zurecht.“
Die Weisheit der Gruppe
Volle Zustimmung. Wie oft habe ich erlebt, dass ich in unsicheren Situationen unschlüssig war, wie es weitergehen könnte. Selbst wenn ich dachte, dass es richtig schwierig würde, eine Entscheidung zu treffen, z.B. in Momenten, in denen ich ein Gruppentreffen vorbereitete und alles andere als überzeugt war, dass es für das anstehende Problem eine gute Lösung gab – am Ende zeigte sich immer die Weisheit der Gruppe. Noch mehr: Manchmal kamen die entscheidenden Hinweise von Menschen, denen man dies als letztes zugetraut hätte.
So ganz anders ein mir auch bekannter Manager, der sich mit einer Gruppe externer Berater umgab und mit diesen gemeinsam die Strategie austüftelte. Darauf angesprochen, warum er nicht stärker sein eigenen Managementteam einbezog, wies er dieses Ansinnen lächelnd von sich mit der Begründung, dort würde niemand über den Tellerrand hinausschauen. Wie sich später herausstellte, hatten die Berater schnell heraus, wie er tickte und bestärkten ihn kräftig in seiner Sicht der Dinge. Das Ende war schmerzhaft.