28. Juni 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Strategie für das eigene Leben?

KRITIK: Haben Sie einen Plan für Ihr eigenes Leben? Wissen Sie, wohin es gehen soll? Oder lassen Sie alles auf sich zukommen, lassen sich von Ihrer Intuition und Ihren Gefühlen leiten und kümmern sich ansonsten um das, was gerade so ansteht? Wenn das so ist, könnten Sie sich so einiges von Unternehmen abschauen. Die nämlich hören auf Strategieberater, und diese wiederum wissen, wie man eine Unternehmensstrategie erstellt.

Wenn das für Unternehmen funktioniert, so die Überlegung, dann müsste es doch auch möglich sein, das eigene Leben strategisch zu planen (Wohin willst du?). Mit der überzeugenden Argumentation: Strategie war als Begriff auch für Unternehmen zuerst verpönt, weil er aus dem militärischen Sprachgebrauch stammt. Aber jetzt sei es an der Zeit, ihn auch auf unser persönliches Dasein zu übertragen. Dauert angeblich nur wenige Stunden, dann steht der Plan. Sie sollten ihn natürlich regelmäßig überprüfen – zum einen per wöchentlichem 15-minütigen Check-in, zum anderen „alle sechs bis zwölf Monate per ein- bis zweistündiger Überprüfungssitzung mit sich selbst oder Ihrer ‚Strategize Your Live‘-Group“.


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Die wesentlichen Bausteine für alle, die einen solchen Plan ernsthaft angehen wollen, sind:

  • Ein gutes Leben definieren (so wie Unternehmen definieren, was für sie Erfolg bedeutet).
  • Einen Purpose beschreiben – also den eigenen Lebenssinn definieren.
  • Eine Vision entwickeln – Wo will ich in x-Jahren stehen, und das möglichst anschaulich.
  • Ein strategisches Lebensportfolio erstellen – darin finden alle Bereiche einen Platz, darunter Partnerschaft, soziales Engagement, Hobbys, Familie, Freunde, Körperliche Gesundheit, Spiritualität, Entertainment … – und diese werden nach Wichtigkeit und Zufriedenheit sortiert und ihr derzeitiger zeitlicher Umfang aufgezeichnet.
  • Von Benchmarks lernen – schauen Sie sich um, wer ein Leben führt, das Ihnen vorbildlich vorkommt und recherchieren Sie, was es an wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Treiber von Lebenszufriedenheit gibt.
  • Eine Portfolioentscheidung treffen: Welche Veränderungen wollen Sie starten? Manchmal genügen schon kleine Schritte.
  • Wie wollen Sie die Veränderungen gewährleisten? Legen Sie fest, was sie bis wann erreicht haben wollen. Die klassischen Ziele- und Kennzahlen-Geschichte.

Lässt sich ein Leben auf diese Weise „strategisch planen“? Ich bin mehr als skeptisch. Regelmäßige Sitzungen mit sich selbst oder gar mit meiner „Strategiere-dein-Leben-Gruppe“ – möchte ich das? Andererseits: Irgendwann festzustellen, dass mein eigenes Leben an mir vorüberzieht – oder schlimmer – vorübergezogen ist und dass die verbliebene Zeit kaum ausreicht, um all das nachzuholen, was mir vielleicht doch wichtig ist – auch kein schöner Gedanke.

Lieber reflektieren

Also doch planen? Zumindest mal reflektieren. Ich glaube nicht, dass es dazu einen Strategieprozess, Purpose und Co. braucht. Ich glaube auch nicht, wie andere Autoren im gleichen Heft verkünden, dass man unbedingt an den typischen Hürden, die uns von Veränderungen abhalten, arbeiten muss (Trau dich!). Gemeint sind:

  • Den nächsten Schritt nicht kennen
  • Ein negatives Mindset
  • Fehlende Netzwerke
  • Finanzielle Einschränkungen
  • Fehlende Fähigkeiten

Entsprechend lauten die Tipps: Vernetzen, Weiterbilden, Experimentieren, Informieren, Selbstreflexion. Ich greife mal den letzten Hinweis auf: Wer seinem Hirn hin und wieder den Auftrag gibt, sich einmal vorzustellen, wie das Leben in X Jahren aussehen könnte, dann wäre ein Anfang gemacht. Wer dann noch das Ergebnis in Stichworten festhält, z.B. in dieser Form: In meinem Leben in X Jahren werde ich einmal im Jahr eine längere Wanderung unternehmen, ehrenamtlich wöchentlich zwei Stunden für eine wohltätige Organisation arbeiten, nur noch vier Tage pro Woche arbeiten, zweimal im Monat eine kulturelle Veranstaltung besuchen usw., der dürfte auf einem guten Weg sein, wahrscheinlich schon deutlich früher dort zu landen, wo er hin möchte.

Wenn er dann noch diese Aufzeichnungen dort ablegt, wo sie ihm hin und wieder in die Hände fallen, umso besser. Es mag Menschen geben, denen eine so vage „Planung“ nicht genügt und die lieber komplette Portfolio-Darstellungen anfertigen. Ich vermute aber, es gibt viel mehr Menschen, die nicht einmal diese kleine Übung absolvieren – es wäre aber einen Versuch wert.

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