INSPIRATION: Bei der DHL steckt man in den kommenden Jahren bis zu zwei Milliarden Euro in die Digitalisierung. Dabei kam das Management zu dem Schluss, dass so ein gewaltiges Unterfangen agil angegangen werden muss. Das fand nicht nur Befürworter, es gab auch Gegenwind. Diesem begegnet man mit Argumenten (Ende der Planwirtschaft). Interessant, werden die Change-Manager in anderen Konzernen denken. Denn das Phänomen, dass viele Führungskräfte ein Problem mit den agilen Arbeitsweisen haben, dürfte nicht nur die DHL kennen. Man kann also Widerstand argumentativ begegnen …
Der Ansatz der sogenannten Transformationswerkstatt ist folgender: Bisher funktionierte Management nach der Devise: Sorgfältig planen, die Durchführung und die Ergebnisse ebenso sorgfältig kontrollieren oder gar überwachen. Das kann nicht falsch oder schlecht gewesen sein. Denn auf diese Weise schaffte es die Menschheit sogar auf den Mond. Der Deutschen Post gelang der Wandel von „einem rein deutschen Staatsbetrieb in einen profitablen internationalen Logistikkonzern“ (kaum zu sagen, was die größere Leistung ist …).
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Eine Transformationswerkstatt
Also ist der erste Raum der Transformationswerkstatt „museal eingerichtet.“ Hier werden die Errungenschaften der Planwirtschaft gepriesen und gewürdigt. Und klar gemacht, dass sie prima funktioniert haben. Anschließend wird der Satz in den Raum gestellt: „Gutes Arbeiten ist (notwendigerweise) plangetriebenes Arbeiten.“ An dieser Stelle wehrt sich sogar der „ärgste Kontrollfreak,“ denn niemand möchte gerne hierauf reduziert werden. Platz für Kreativität soll auf jeden Fall eingeräumt werden.
Mit dieser Einsicht wird dann weiter gearbeitet und ein alternatives Bild einer Führungskraft vorgestellt: Das des Befähigers und Motivators. Damit können offenbar alle gut leben. Es ist einerseits eine Abkehr vom Auftraggeber und Kontrolleur, „aber anschlussfähig und positiv konnotiert.“
Aber was bedeutet das für die Praxis? Es führt ja nicht unmittelbar zu den agilen Tools, nach dem Motto: „Okay, wenn Ihr euch mit dem neuen Selbstverständnis anfreunden könnt, dann lasst mal sofort los und hört auf zu planen und zu kontrollieren.“ Also muss man sich mit den Werten und Prinzipien der neuen Form der Zusammenarbeit auseinandersetzen – und mit den Konflikten, die dabei auch persönlichkeitsbedingt entstehen.
Personas
Hierzu nutzen die Organisationsentwickler der DHL das Tool der Personas. Diese heißen z.B. Sara Zusage (jemand mit hohen Qualitätsansprüchen an sich und das Team), Leila Leidenschaft (innovativ, begeisterungsfähig, mitreißend) oder Sieglinde Sicherheit (erfahren, fürsorglich, sicherheitsbewusst). Sich mit diesen Personas auseinander zu setzen und sie und ihren Beitrag zu würdigen, ist schon die halbe Miete. Sodann heißt es, sich in Gedankenexperimenten zu überlegen, wie sie zum neuen Führungsverständnis passen. Und welchen Beitrag sie in einer agilen Umgebung leisten können.
Wenn ich das richtig verstanden habe, so hat man auf diese Weise etliche der Skeptiker überzeugt und mitgenommen, dabei sicherlich nicht alle Bedenken beseitigt. Konkreteres dazu verraten die Autoren nicht. Interessant wäre es zu erfahren, wie viele der „alten“ Führungskräfte am Ende tatsächlich in der neuen Struktur ihre Rolle gefunden haben und wie hoch die Fluktuation war.