7. Oktober 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Bild von Guido Reimann auf Pixabay

Ungeliebtes Dienstjubiläum

INSPIRATION: Die neue Mitarbeiterin trifft einen älteren Kollegen. Der erklärt ihr, dass er letzte Woche sein 25. Dienstjubiläum hatte, aber das hier niemanden mehr interessieren würde. Früher hätte es da mal eine richtige Feier auf Firmenkosten gegeben, der Jubilar hätte die Gäste aussuchen dürfen. Und eine goldene Anstecknadel samt Urkunde gab es oben drauf. Alles gestrichen. Aus Kostengründen.

Irgendwie scheinen sie aus der Mode gekommen zu sein, die Dienstjubiläen. Dass die Kosten dabei ausschlaggebend sind, traue ich dem einen oder anderen Manager schon zu. Aber vielleicht ist die Ursache vielschichtiger. Ein Coach in der Wirtschaftswoche vermutet, dass die Management-Ebene, die über solche Maßnahmen entscheidet, selbst diese Verbundenheit zum Unternehmen nicht kennen, weil sie viel zu oft die Stelle wechseln. So können sie auch nicht nachempfinden, welche Bedeutung ein solches Ereignis für den Betreffenden hat. Hier fällt der Vergleich mit dem Hochzeitstag – wehe, Sie vergessen ihn mal (Der Treueschwur).


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Ich vermute noch einen anderen Grund. Nicht nur, dass Manager das selbst nicht mehr gewohnt sind. Sie bekommen auch eingetrichtert, dass langes Verharren auf eine Stelle Rückschritt bedeutet. Man gilt als langweilig, unflexibel, an Karriere und Entwicklung nicht interessiert, ohne Ehrgeiz. Also schauen sie eher verächtlich auf diejenigen, die ihr halbes Berufsleben in einer Firma verbracht haben und sehen gar nicht ein, dass sie hierfür auch noch eine Prämie springen lassen sollen. Noch schlimmer vielleicht: Sie können sich gar nicht vorstellen, dass jemand über eine solch lange Zeit verlässlich Leistung zeigen kann und unterstellen ihm, sich gemütlich auf seinem vertrauten Platz eingerichtet zu haben und auf sein Rentnerdasein zu warten.

Eine Frage der Werte

Sicher, die Möglichkeit besteht. Und die Praxis wird bestätigen, dass es die Fälle gibt. Aber was ist mit den Handwerkern, die ihr Leben lang anstreichen, Kabel verlegen, Fenster reinigen, Möbel herstellen, Rohre verlegen? Vielleicht wissen kleinere Unternehmen die Loyalität ihrer Angestellten deshalb besser zu würdigen, weil sie ihren Beruf lieben, weil sie ihren Kunden verbunden sind und diese eben genau dese Beständigkeit und Verlässlichkeit schätzen? Kein Wunder, dass kleinere Unternehmen offenbar in Sachen Jubiläum großzügiger sind.

Tja, das hat etwas mit Wertvorstellungen zu tun. Was ist uns Konstanz, Ausdauer, Loyalität, Sicherheit wert? Wie wichtig ist es, sich darauf verlassen zu können, dass der andere auch morgen noch am Arbeitsplatz auftaucht und seine Aufgaben erledigt? Und anders herum: Was ist uns Abwechslung, Karriere, Vielseitigkeit, Flexibilität und frischer Wind im Unternehmen wert? Und vor allem: Was schätzen unsere Kunden? Ich kann mir kaum vorstellen, dass diese begeistert sind, wenn ihnen alle paar Jahre ein neuer Ansprechpartner präsentiert wird nach dem Motto: Wir lieben die Abwechslung und freuen uns, wenn unsere Mitarbeiter nach wenigen Jahren weiterziehen.

In Zeiten, in denen den Unternehmen das Fachpersonal flöten geht, besinnen sich dann doch wieder einige auf ihre langjährigen Mitarbeiter. Dann gibt es ein Monatsgehalt extra, eine zusätzliche Urlaubswoche, eine Einladung zum Viergängemenü. Und die Empfehlung der Experten: Als Führungskraft sollte man sich Zeit für ein längeres Gespräch mit dem Jubilar nehmen. Könnte gerade für die jüngere Führungskraft, die ihren Job als Zwischenstation versteht, spannend sein.

Soll heißen: Wo auf einmal das Thema „Mitarbeiterbindung“ wieder angesagt ist, erinnert man sich an seine Jubilare. Vernünftig, aber vermutlich auch nur eine Modeerscheinung. Denn wenn sich der Wind dreht und man Fluktuation zum Personalabbau nutzt, wird man wieder den Rotstift ansetzen. Und der Jubilar wird spüren, dass die „Ehrung“ alles andere als ehrlich gemeint ist.

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