9. Dezember 2024

Management auf den Punkt gebracht!

20 Fallstudien zum Change-Management

REZENSION: Winfried Berner – Change! 20 Fallstudien zu Sanierung, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation und Kulturveränderung (2. akt. u. überarb. Aufl.). Schäffer-Poeschel, 2015.

Change-Management ist inzwischen Tagesgeschäft. Aber es funktioniert leider oft schlecht. Da wird Change verordnet, durchgedrückt oder auf der anderen Seite zu zaghaft betrieben, schleifen gelassen, abgebrochen. Die Resultate sind Change-Ruinen, frustrierte oder zynisch gewordene Mitarbeiter, verpasste Chancen.


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Fehler allerorten, weil es an der Haltung fehlt, an guten Change-Architekturen, -Designs und -Werkzeugen. Winfried Berner liefert mit diesem Buch so etwas wie die Summe seiner beraterischen Arbeit der letzten Jahrzehnte ab. Und weil es in der ersten Auflage schon so gut war und begeistert angenommen wurde, präsentiert er nun eine bearbeitete und erweiterte zweite Auflage. Das Buch ist – nun um weitere fünf Fallstudien angewachsen – ein vorzüglich geschriebenes Anleit- und Arbeitsbuch für gelingendes Change-Management geworden. Schon die erste Auflage war ein Prachtstück, die zweite ist um noch einiges besser geworden.

Ein Lern- und Arbeitsbuch

Weil die Implementierung von Change so schwierig ist, setzt der Autor didaktisch beim Training der Selbst- und Fremdwahrnehmung an, indem er 20 Fallstudien vorlegt. Zu Beginn fordert er seine Leser auf, Fragen zu diesen Studien schriftlich zu beantworten und im Anschluss erst die Ausführungen des Autors zu lesen. Und dem Leser sei dringend empfohlen, genau dieses zu tun. Erkennt er dadurch doch unmittelbar, welche Aspekte des Falls er schon gut im Visier hat und für welche er bislang vielleicht zu wenig sensibilisiert war.

Dieses Paket von Fallstudien wird eingerahmt von einem Einführungskapitel, das aufzeigt, warum Change-Management allerorten boomt und was die Herausforderungen für die Mitarbeiter in Unternehmen sind. Neue Anforderungen an Führung und die Schlüsselrolle des Top-Managements werden ebenfalls dargelegt. Anschließend stellt der Autor eine Typologie der Veränderungsprozesse dar. Diese verortet er in einer Matrix von wahrgenommener Bedrohlichkeit versus geforderter Einstellungs- und Verhaltensänderung. Das erinnert an die Wurzeln des Autors bei der Boston Consulting Group und ist unmittelbar einleuchtend, weil es auch aus dem transaktionalen Stressmodell nach Lazarus ableitbar wäre.

Change-Management navigiert laut Berner zwischen Angst und Trotz. Daher muss das Management mit „pull“ oder „push“ gegenhalten. Doch das allein wäre eine arg simple Betrachtungsweise. Der Autor beleuchtet, wie wichtig darüber hinaus eine gute Diagnose der betrieblichen Vorgeschichte ist sowie eine der Veränderungsbereitschaft und der Machtverhältnisse.

15 Leitgedanken

Als Resümee der Fallstudien – von Unternehmensverkauf über Einführung von IT-Systemen, Restrukturierung, Fusion, Kulturveränderung bis zu schließlich neuen Aspekten wie Shared-Service-Center oder Resilienz – legt Winfried Berner 15 Leitgedanken für erfolgreiches Change-Management vor. Der Fokus wandert dabei von der Rolle der eigenen Wahrnehmung über die Selbstreflexion, kritische Sympathie, Empathie, Konzept etc. bis hin zu Entschiedenheit und Beharrlichkeit. Hier drängt sich der naheliegende Vergleich mit den zwölf Erfolgsfaktoren nach Gerkhardt und Frey (2006) auf, der vom Autor aber leider nicht hergestellt wird. Das wäre der einzige Kritikpunkt, den man aufführen könnte: Dass der Autor zwar sehr schlüssig und pragmatisch sein Wissen ausbreitet, es aber weniger mit bewährten wissenschaftlichen Konzepten verbindet.

Nun würde solches dieses Buch um einiges erweitern, vielleicht sogar sprengen; denn die 500 Seiten wollen ja erst einmal verdaut werden. Angereichert um die wissenschaftlichen Konzepte und Befunde aus Organisationspsychologie und -soziologie lässt sich ohne Mühe ein vierstündiges Semesterwochenstundenprogramm gestalten.

Nicht unerwähnt bleiben soll zum Schluss, was der Autor dem erfolgreichen Change-Manager, neben dem Bearbeiten und Üben mit den Fallstudien zusätzlich mit auf den Weg gibt: kollegiale Supervision. Denn es ist – wie jeder weiß – noch kein Meister vom Himmel gefallen.

Fazit

Der Autor hat seinem Buch noch ein aussagekräftiges Glossar, ein ausführliches Literaturverzeichnis sowie ein praktisches Stichwortverzeichnis spendiert. So bleibt „kein Auge trocken“. Diese Verzeichnisse wurden in der zweiten Auflage überarbeitet und aktualisiert; daran erkennt man Herzblut!

Das Buch ist eine wahre Schatzkiste, die nicht nur dem Novizen im Feld, sondern auch der Inhouse-Consulting-Abteilung sowie den „alten Hasen“ der Beratungsbranche noch etliche Denkanstöße und Hilfestellungen liefern kann. Es hat sich schon in der ersten Auflage als Standardwerk des Change-Managements etabliert, und baut diese Stellung mit der zweiten weiter aus.

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