INSPIRATION: Was müsste wohl passieren, dass Unternehmen sich auf die Fahne schreiben, eben nicht nur geschäftlichen Erfolg zu erzielen, sondern Verantwortung für das Wohl der Gesellschaft übernehmen? Eine Stiftung geht einen ungewöhnlichen Weg: Sie etabliert ein weltweites Netzwerk von Führungspersönlichkeiten und will diese inspirieren, die eigene Organisation neu auszurichten. In der OrganisationsEntwicklung stellt der Vorstand der „BMW Foundation Herbert Quandt“, Markus Hipp, im Interview die Vorgehensweise der Stiftung vor (Responsible Leadership. Führung umfasst gesellschaftliche Verantwortung).
Als Werte- und Themenbasis hat man sich auf einige Ziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen fokussiert: z.B. Ziel 8 (Menschwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum) oder Ziel 10 (weniger Ungleichheit) oder Ziel 11 (nachhaltige Städte und Gemeinden). Die Idee ist, weltweit Führungskräfte miteinander zu vernetzen und zum Nachdenken anzuregen. Dazu veranstaltet man verschiedene Treffen für 30 bis 50 Teilnehmer, die sorgfältig ausgewählt werden. Wichtigstes Kriterium: Radikale Diversität der Gruppen. Und die Teilnehmer müssen „in ihrer Führungsrolle Einfluss und Gestaltungsmacht“ haben. Die Treffen finden an besonderen Orten statt und dauern drei bis vier Tage. Es werden dazu keine Experten eingeladen, es ist also keine klassische Konferenz, sondern man setzt auf „Reichtum und Wissen der Teilnehmer“.
Gesellschaftliche Verantwortung
Und was bewirkt all das? Der Effekt ist laut Hipp selten ein unmittelbarer. Aber es gibt eine Reihe von „Wirkungsgeschichten“ – Beispiele, in denen die Führungskräfte in ihre Organisation zurückgekehrt sind und diese „ganz neu auf ihre gesellschaftliche Verantwortung“ ausgerichtet haben. Man meint es ernst mit dem Ziel, eine bessere Welt zu schaffen. Als warnendes Gegenbeispiel wird hier das „radikale Führungsversagen und wertefreies Agieren von herausragenden Führungskräften“ genannt, welche die Finanzkrise erst möglich gemacht haben.
Es gibt noch mehr in diesem Interview, das dieses Vorhaben sympathisch macht. Zum Beispiel die Feststellung, dass unser Modell der sozialen Marktwirtschaft schon längst auf diese Ziele ausgerichtet ist, es aber im Rest der Welt gar nicht bekannt genug ist. Hier herrscht nach wie vor das US-amerikanische Geschäftsmodell vor, welches auch die Basis des ach so bewunderten Erfolges der Unternehmen im Silicon Valley ist. Laut Hipp gibt es in anderen Ecken der Welt inzwischen viele gesellschaftliche und unternehmerische Modelle, die deutlich weiter entwickelt sind.
Und noch eine Erkenntnis: Damit solche Veränderungen geschehen, muss viel in persönliche Begegnungen investiert werden, auch wenn das viel Zeit kostet. Ohne das ist wirklich tiefes Vertrauen nicht möglich. Und seinen Job, auch diesen, wirklich gut machen kann man eigentlich nur „in einer Atmosphäre der Freude, Heiterkeit und Leichtigkeit“. Wohl wahr, ebenso die Feststellung, dass ansgesichts der Komplexität der aktuellen Probleme und der Zahlen und Fakten, die uns jeden Tag erreichen, man leicht in Zynismus verfallen kann mit dem Ergebnis, dass man es „dann auch gleich lassen könnte zu handeln“.