4. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Hauch von Guru

KRITIK: In der Wirtschaftswoche erschien ein längerer Beitrag über ein Unternehmen, das auf dem Weg ist, „der erste echte Coachingkonzern“ zu werden. Es setzt angeblich einen zweistelligen Millionenbetrag im Jahr um und hat 100 Mitarbeiter. Bei näherer Betrachtung hat das für mich wenig mit Coaching zu tun.

Noch ein paar Zahlen aus dem Beitrag vorweg: Ca. 30.000 Menschen in Deutschland nennen sich Coach, 8.000 davon sogar Business Coach. Ein Kritiker (der als kritisch geltende Psychologe Uwe Kanning) ist der Meinung, dass höchstens ein Fünftel hiervon seriös sei (Falsche Prediger).


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Ich habe keine Ahnung, ob diese Zahlen stimmen. Auch die anderen Informationen aus dem Beitrag kann ich nicht überprüfen. Und ich mag auch diese Art von Journalismus nicht (wobei ich die wiwo ansonsten durchaus schätze). Hier werden nämlich ehemalige Mitarbeiter zitiert, die das Weite gesucht haben und das Unternehmen „als Inbegriff der Probleme einer ganzen Branche“ bezeichnen, die zum Großteil „aus Quacksalbern, die entweder selbst therapieren oder geldgeil seien“, bestünde. Oder die von einem miesen Umgang mit Mitarbeitern in dem „Coaching-Konzern“ berichten.

Von Coaches und Hundetrainern

Da mag was dran sein, aber ist deshalb das Geschäftsmodell und das Produkt schlecht? Was mich viel mehr verwirrt, ist, dass hier ständig von „Coaching“ die Rede ist. Tatsächlich wird hier ganz viel Geld verdient mit Großveranstaltungen, auf denen Menschen auftreten (u.a. sogar Barack Obama), die banales Zeugs predigen und für Allgemeinplätze Beifall erhalten. Oder die mit mehr oder weniger gelungenem Humor die Massen unterhalten. Hat ganz viel von Comedy. Das kennt man ja auch aus anderen Szenen, z.B. Hundetrainer, die durch das Fernsehen bekannt geworden sind und nun die Hallen mit ihren Geschichten füllen.

Auch damit habe ich kein Problem – ist eben Unterhaltung. Nur: Es wird nicht so genannt. Stattdessen werden den Menschen Versprechungen gemacht. Zitat: Wir liefern „dir wertvolle Impulse mit denen du dein erfülltes und erfolgreiches Leben selbst gestalten kannst“. Ich glaube, das versprechen kein Comedian oder andere Alleinunterhalter. Ebenso wenig bieten Comedians Menschen, die gerne selbst erfolgreich auf der Bühne stehen wollen, teure Kurse an, mit denen sie anschließend ebenfalls in der Lage sein sollen, ganze Hallen zu füllen (wäre vielleicht eine Geschäftsidee …).

Und sie bieten auch keine Schnupper-Coachings an, die in ein Abo münden, für das man 99 Monate lang  Videos und „Audio-Impulse“ geschickt bekommt, durch die man „persönlich motiviert wird“. Worauf ich hinauswill: Was hat all das mit Coaching zu tun?

Was hat all das mit Coaching zu tun?

Was mich zu der Frage führt, warum eigentlich so viele Menschen a) daran glauben, dass solche kleinen Impulse sie zu erfolgreichen Menschen machen können und b) selbst so gerne ein Coach werden möchten? Aber vielleicht wollen sie das ja gar nicht, sondern eher ein Guru, genau wie die selbsternannten Experten in den ganzen Videos. Vermutlich wird man den Begriff „Coach“ nicht schützen können. Aber zumindest könnte die seriöse Presse nicht mehr darauf reinfallen, wenn solche Motivationsschwätzer sich als Coach bezeichnen.

Was die Sehnsucht nach dem schnellen Erfolg betrifft, zu dem der Besuch von Großveranstaltungen und teuren Seminaren verhelfen soll, bietet sich ein Vergleich an. Ich habe kürzlich mit einem Tennistrainer gesprochen, der mir ein „Erfolgsrezept“ verraten hat. Er würde sich, wenn er einen neuen Spieler zum ersten Mal trainiert, von diesem sagen lassen, was er gerne verbessern möchte. Dann schaut er sich seinen „Stand der Technik“ an und gibt ihm in der ersten Stunden zwei bis drei Tipps, die ziemlich sicher zu einem ersten kleinen Erfolgserlebnis führen. Und den begeisterten Anfänger natürlich sehr motivieren.

Unterhaltung

Was dann passiert, kennt jeder Sportler: Nach dem ersten kleinen Erfolg kommen Wochen, Monate und Jahre harte Arbeit und jede Menge Rückschläge. Und bis zum Niveau der ganz Großen schafft es eigentlich niemand. Nur käme vermutlich ebenso niemand auf die Idee, diesem Tennis-Novizen anschließend einen Video-Kurs zu verkaufen inklusive dazu passende verbale Motivationsbotschaften. Sondern, wenn dieser es wirklich möchte, ihm anschließend schweißtreibende Trainingseinheiten verordnen. Mit dem Hinweis, wie weit er es vielleicht maximal bringen kann …

Damit allerdings lässt sich kaum das große Geld verdienen. Deshalb ist dieser sogenannte „Coaching-Konzern“ für mich nur eine Art Unterhaltungskonzern, leider mit einem fatalen Kundenversprechen. So als ob ein Bäcker seinen Kunden nicht leckeres Brot verspricht, sondern daran die Zusage knüpft, auf diese Weise ohne krank zu werden 100 Jahre alt wird. Fauler Zauber …

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