21. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Unsinn enttarnen

INSPIRATION: Es gibt viele typische Behauptungen und Modelle, die in Trainerkreisen kursieren und die in unendlich vielen Seminaren weitergetragen werden – oft als wissenschaftliche Erkenntnis serviert und ungeprüft von den Teilnehmern übernommen. Ein Großteil ist schlicht und einfach ein Mythos. Alles Quatsch also?

Die Wirtschaft + Weiterbildung hat mehrere Beiträge zu dem Thema veröffentlicht und Experten gefragt, was von diesen typischen Trainergeschichten zu halten ist (Die Fake News von der linken und der rechten HälfteWenn Trainer „Bullshit“ erzählen).


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Einige Beispiele und ihre „Enttarnung“

  • Links- und Rechtshirner – angeblich sitzt die Logik mehr in der linken Hirnhälfte und die Emotionen oder die Kreativität in der rechten. Es stimmt zwar, dass je nach Aufgabe unterschiedliche Hirnregionen stärker aktiv werden (daher stammt der Mythos), aber tatsächlich ist immer das gesamte Gehirn aktiv. Und dass Menschen die eine oder andere Hälfte mehr nutzen, ist wissenschaftlich überhaupt nicht belegbar.
  • Einstein soll ein Genie, aber ein schlechter Schüler gewesen sein. Stimmt nicht, seine 6 in Mathematik war in der Schweiz eine Top-Note, weil dort anders als in Deutschland die 1 die schlechteste Note war.
  • Der Marshmallow-Test. Der beweisen soll, dass Kinder, die in der Lage sind, auf eine Süßigkeit, die sie sofort erhalten, zu verzichten zugunsten von weiteren Süßigkeiten zu einem späteren Zeitpunkt, im Leben erfolgreicher sind als jene, die die sofortige Belohnung vorziehen. Spätere Studien zeigen, dass der familiäre Hintergrund viel wichtiger für den Erfolg ist und Willenskraft dabei keine besonders große Rolle spielt.
  • Die 10.000-Stunden-Theorie. Nach der man erst einmal 10.000 Stunden geübt haben müsse, wenn man auf einem Gebiet ein wahrer Meister werden muss. Sie wurde ebenso relativiert dahingehend, dass angeborenes Talent mindestens genauso wichtig ist.
  • Angeblich nutzen wir nur 10% unseres Gehirns, der Rest liegt meist brach. Tatsächlich sind auch bei einfachen Tätigkeiten oder Stillsitzen Gehirnareale aktiv, die sonst bei Bewegung benötigt werden – abgeschaltete Hirnareale gibt es nicht.
  • Menschen sind unterschiedliche Lerntypen. Wobei diese mit den verschiedenen Sinnesorganen zu tun haben, also den eher auditiven, den visuellen, den haptischen Typ. Es gibt hierzu keine wissenschaftlichen Studien, die das belegen, am besten ist immer, wenn mehrere Kanäle genutzt werden und nicht einer bevorzugt „gefüttert“ wird.
  • Der berühmte Feuerlauf. Bei dem Menschen barfuß über glühende Holzkohle laufen, ohne sich zu verbrennen, soll zeigen, dass der Geist und die Willenskraft die Naturgesetze außer Kraft setzen kann. Was natürlich Quatsch ist, es gibt einfache physikalische Erklärungen dafür.

Fakten checken

Wer mit solchen und anderen Mythen vor seine Teilnehmer tritt, macht sich unglaubwürdig und spielt mit seinem Ruf. Deshalb sollten Trainer die Fakten checken, bevor sie solchen Unsinn verzapfen (hatten wir übrigens schon vor Jahren beschrieben: Trainer-Mythen)

Sehe ich genauso, aber was steckt eigentlich hinter diesen „Geschichten“? Sind es nicht mehr Metaphern oder Modelle, die dazu dienen, Botschaften greifbar zu machen? Gibt es nicht unzählige solcher Modelle, für die man, würde man sie wissenschaftlich untersuchen, keine Belege finden würde?

Zunächst einmal: Bei den meisten Beispielen geben auch die „Entmystifizierer“ zu, dass es einen „wahren Kern“, einen „leichten Zusammenhang“ oder ähnliches gibt. Das Problem ist dann, dass daraus solch absolute Wahrheiten gemacht werden oder „wissenschaftlich belegte“ Tatsachen. Natürlich gibt es Menschen, die stärker logisch denken, während andere viel intuitiver und emotionaler auf Herausforderungen reagieren. Brauche ich dafür einen „Hirntypen“? Klingt natürlich beindruckender, wenn man behauptet, dass es „Links- und Rechtshirner“ gibt …

Und natürlich spielt Willenskraft eine Rolle beim Erfolg, aber ebenso ist klar, dass der familiäre Hintergrund eine viel stärkere Rolle spielt. Und natürlich wird niemand zum Starpianisten, wenn er 10.000 Stunden übt, aber kein Talent hat. Aber er wird sicher auch kein Starpianist, wenn er wenig trainiert.

Mythen helfen, Botschaften zu vermitteln

Mit anderen Worten: Diese Mythen helfen, Botschaften zu vermitteln. So wie es andere Modelle auch tun: Das Eisberg-Modell (wo ist denn nachgewiesen, dass tatsächlich ein Siebtel unserer Persönlichkeit „unter der Wasseroberfläche“ liegt?), das Innere Team (niemand würde annehmen, dass da einige kleine Wesen in uns miteinander diskutieren), das Johari-Fenster, das Wertequadrat, das situative Führen usw. usw. Schlauerweise geht bei diesen Modellen niemand hin und behauptet, sie seien wissenschaftlich belegt. Und deshalb verstehen die Menschen sie eben auch als das, was sie sind: Gedankliche Modelle.

Und was den Feuerlauf betrifft: Wer nicht völlig naiv ist, kapiert auch hier die Symbolik: Dass man sich manchmal überwinden muss, Dinge zu tun, die einem große Angst machen, um anschließend festzustellen, dass man zu deutlich mehr in der Lage ist als man geglaubt hat. Dafür brauche ich keine mystischen Erklärungen, dass mein Wille meine Fußsohlen schützt …

Also: Warum nicht weiter diese netten Mythen verbreiten, aber eben klar machen, dass es nur Denkhilfen sind. Und natürlich auf solche Behauptungen verzichten, die Wissenschaft habe festgestellt, dass … – wenn dies erwiesenermaßen Blödsinn ist.

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