3. Dezember 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Unternehmenswerte

KRITIK: Immer wieder faszinierend: Berater erklären uns, dass Unternehmen sich bezüglich ihrer Werte von anderen abheben sollten. Die Praxis sieht anders aus, der Wertekanon der großen Unternehmen ist nahezu identisch. Behaupten drei Berater in der wirtschaft + weiterbildung („Der Verzicht auf Krawatten reicht einfach nicht aus“), die sich die Wertelisten fast aller Dax-Unternehmen angeschaut haben wollen. Überall finden sich Begriffe wie Respekt, Vertrauen, Integrität, Innovation u.ä.

Ihre Schlussfolgerung: Wirklich „erfolgreiche digitale Player haben Unternehmenswerte, die sie von anderen unterscheidet“. Was zunächst wohl bedeuten soll, dass die Dax-Unternehmen nicht erfolgreich sind. Oder keine digitalen Player. Was ja beides Unsinn ist. Aber warum ähneln sich in der Tat die proklamierten Werte vieler großer Unternehmen?


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Einige Vermutungen

Als die heutigen Dax-Unternehmen gegründet wurden, gab es noch niemanden, der die Idee hatte, man müsse seine Werte der Öffentlichkeit oder den Mitarbeiten mitteilen. Die Gründer hatten eine Idee und vermutlich auch ziemlich klare Werte. Nur wären sie nie auf die Idee gekommen, diese als solche zu bezeichnen. Sie waren vielleicht extrem sicherheitsbewusst oder fürsorglich oder voller Vertrauen in die Wissenschaft. Oder sie liebten die technischen Möglichkeiten oder den Gedanken, wahrhaft Innovatives zu leisten. Oder sie hatten schlicht die Idee, die Menschheit mit Stahl, Strom, Nahrung, Medizin u.ä. zu versorgen.

Entsprechend haben sie sich verhalten und entschieden – sie orientierten sich an dem, was ihnen wichtig war. Hätte man damals ihre Mitarbeiter gefragt, sie hätten vermutlich genau sagen können, welche Werte den Gründern besonders am Herzen lagen – auch ohne Homepage und Wertekatalog.

Dann wuchsen die Unternehmen, bestimmte Werte blieben erhalten, andere gerieten in Vergessenheit. Spätestens wenn sie an die Börse gehen, spielen die Werte der Investoren eine größere Rolle. Und die heißen nun mal nicht selten Profit, Effizienz und Wachstum. Genau das wären denn auch die Begriffe, die in den Broschüren und auf den Homepages dieser Unternehmen zu finden sein müssten. Listen aus fünf und mehr Werten ergeben nämlich überhaupt keinen Sinn. Werte helfen mir, mich in unklaren Situationen zu entscheiden, sie bieten Orientierung. Geht es vor allem um Effizienz, dann weiß ich, was zu tun ist, wenn eine neue Maschine anzuschaffen ist. Ebenso bei einem Schwerpunkt „Profit“ oder „Wachstum“.

Selbstverständlichkeiten

Wenn dann noch Begriffe wie „Service“, „Vertrauen“, „Respekt“ oder „Integrität“ auftauchen – welche Hilfe sollten diese spielen bei anstehenden Entscheidungen? Mal abgesehen davon: Wie kann Respekt denn überhaupt ein Unternehmenswert sein? Ist damit Respekt im Umgang mit den Mitarbeitern, den Geschäftspartnern, den Kunden, der Natur gemeint? Falls ja: Wäre es nicht eine Selbstverständlichkeit, sich stets respektvoll zu verhalten? Was sagt mir das als potenziellem Mitarbeiter, Kunden oder Geschäftspartner, wenn ein Unternehmen meint, Respekt besonders betonen zu müssen – dass man dort viel respektvoller ist als alle anderen und man sich dadurch abhebt?

Der Tipp, Werte zu suchen, mit denen man sich von anderen unterscheidet, läuft völlig in die falsche Richtung. Man sollte zunächst aufhören zu schauen, was denn so alles an gesellschaftlich erwünschten Begriffen in Frage kommt und sich dann mühsam auf alle nur erdenklichen zu verständigen nach dem Motto: „Fehlt noch einer?“ Worum es eigentlich geht ist die Frage, wofür ein Unternehmen tatsächlich und vorrangig steht. Wenn es innovative Robotertechnik ist und es vor allem um Innovation geht, dann ist es eben dieser Wert. Und wenn es Medizin für seltene Krankheiten ist, dann mag der Wert „Forschen“ oder „Verstehen“ „Heilen“ lauten. Wenn es Schiffsreisen sind, dann könnte es um „Spaß“ und „Erholung“ gehen, wenn das Angebot für die betuchten Kunden gilt, dann eben „Exklusivität“ und „Luxus“. Aber wenn es vor allem „Profit“ ist, dann sollte das auch so benannt werden.

Worum geht es eigentlich?

Unterscheidet man sich damit von anderen? Nicht zwangsläufig, aber darum geht es nicht. Es geht darum, den eigenen Mitarbeitern klar zu machen, woran man das eigene Handeln und Entscheiden festmacht und Gleiches von ihnen erwartet. Überlegen Sie also nicht, was denn so alles wichtig sein könnte, sondern was die zentrale Aufgabe ihres Unternehmens ist – und benennen dann maximal drei Werte, um die sich alles dreht. Und sorgen Sie dafür, das Respekt, Vertrauen oder Integrität Selbstverständlichkeiten sind.

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