16. November 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Kaugummiautomat

Die Zukunft: Skills-as-a-Service?

KRITIK: Wir lesen es auf jeder Wand, KI braucht das Land! Und zwar dringend und viel und überall. Alles wird dann schöner und besser und schneller. Auch das Corporate Learning. Himmlische Zeiten kommen auf uns zu.

Lernexperten und -expertinnen vom Münchener Bildungsforum haben ein Disruptionsradar entwickelt (Ein System für das Lernen Zukunft). Es soll nicht nur zeigen, „was kommt, sondern auch, wann es kritisch wird“. Wow, denke ich mir, eine Glaskugel? Also nicht, dass ich nicht wüsste, was Future Foresight meint. Oder noch nicht mitbekommen hätte, dass man beim Thema Zukunft besser im Plural spricht (Zukünfte – ein neues Paradigma). Also eine Glaskugel?


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Das von 90 Experten entwickelte Radar entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein sogenanntes Framework. Dieses habe vier Quadranten. Meine Leserschaft möge verzeihen, dass ich gleich spitzfindig auf Begrifflichkeiten herumreite. Doch bei Glaskugeln kann man schnell einen Knick in der Optik haben. Quadranten verweisen auf ein Ganzes, auf einen Zusammenhang, der in der Regel durch zwei sich orthogonal kreuzende Achsen gebildet wird. Von solchen Achsen erfährt man im Beitrag aber nichts.

Vier Bereiche

Es werden lediglich vier Bereiche adressiert: Technologie, Gesellschaft/Kultur/Umwelt, Arbeiten und Lernen, Inhalte/Themen/Organisation. Diese werden sodann in einem Kreisdiagramm abgebildet (Manche nennen das Radardiagramm). Dabei stehen sich Arbeiten und Lernen sowie Technologie gegenüber. Und auf der anderen Seite: Gesellschaft/Kultur/Umwelt versus Inhalte/Themen/Organisation. Vielleicht bin ich allzu pingelig. Doch Jahrzehnte von Bullshit-Bingo und Buzzword-Rodeo haben Spuren hinterlassen. Ich liebe Präzision im Ausdruck und werde bei Wortgeklingel schnell gereizt. Und hier wird leider überhaupt nicht erklärt, wie man zu diesen Clustern kommt.

„Anders als klassische Trendanalysen fokussiert sich der Radar bewusst auf Wendepunkte statt Entwicklungslinien.“ Was Disruption meint, hat uns Clayton Christensen (The innovator’s dilemma) schon vor vielen Jahren offenbart. Das Ding ist bloß, zumeist werden wir durch Disruptionen überrascht. Um sie also vorherzusehen … braucht man wohl eine Glaskugel. Oder KI … davon liest man sehr viel im Beitrag der Autorinnen.

Cyberspace

Das erinnert mich an meine Urlaubslektüre: Schon vor 30 Jahren habe ich den Klassiker von William Gibson Neuromancer gelesen. Die Blaupause für Matrix und andere Epen. Ach, war das amüsant, das nun noch einmal zu lesen – nach all den Jahren. Der Cyberspace-Erfinder hat wahrlich Fantasie! Er hat sogar KI vorhergesagt. Nun hat er auch eine Menge Unlogisches verzapft, wie die Möglichkeit der Fusion von Mensch und Technik. Es geht aber auch sehr viel um Drogen.

Tja, und wenn ich mir dann so durchlese, was diese Lernexperten sich da im Beitrag so zusammenreimen, frage ich mich allerdings auch, was da in deren Brainstorming wohl alles mit im Spiel war (Oberstübchen-Booster). Kleine Kostproben? „Brain-Computer-Interfaces (…) versprechen direkten Wissenstransfer, während Mensch-Maschine-Integration die Grenzen zwischen menschlichem und künstlichem Lernen verschwimmen lässt.“ Bei Gibson abgekupfert?

Doch das Autorenduo kann es noch schräger: „Skills-as-a-Service revolutioniert die Kompetenzentwicklung. Statt starrer Curricula entstehen flexible, modulare Lernpfade, die je nach Bedarf zusammengestellt werden. „Crowdselling“ von Kompetenzen – Mitarbeitende verkaufen ihre Fähigkeiten intern – macht Talente sichtbar und demokratisiert die Personalentwicklung.“ Mama mia! Hatten wir nicht gerade von berufener Seite (Wo die Musik spielt) gehört, dass das Skills-Baukasten-Denken ein Holzweg ist? Und Lernen – sorry, die Damen und Herren Lernexperten – wissen Sie, wovon sie reden? Oder sehen Sie da schon Gebratene Tauben im Anflug? Und was es mit der Intelligenz von KI auf sich hat (Beschränkt intelligent – KI als Zombie)?

KI: Das achte Weltwunder

In dem Stil geht das dann weiter im Text … „KI wird zunehmend Aufgaben und insbesondere die Verantwortung für Arbeitsprozesse übernehmen.“ Und dann: „Das klassische Unternehmen verliert die Kontrolle über die Kompetenzentwicklung seiner Mitarbeitenden.“ Weil: „Wissensverteilung durch dezentrale autonome Organisationen (DAOs) (…) Lernen in globalen, selbstverwalteten Netzwerken (organisiert).“

Ist schon klar, Baby Boomer wie ich und andere (Besen, Besen! Seid‘s gewesen!) haben schlicht keine Ahnung (das Pech der frühen Geburt). Da braucht es schon die „AI Natives“ für. Doch der Vergleich des Autorenduos mit den Digital Natives hinkt gewaltig: Wann wurde ChatGPT „geboren“? Im Jahr 2022. Dann sind die „AI Natives“ also gerade mal knappe drei Jahre alt, nicht wahr? In welchen Unternehmen arbeiten Dreijährige? Dann schaue ich meinem Enkel bei Spielen zu, und denke mir meinen Teil … Ab ins Bett! Zähneputzen!

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Thomas Webers

Dipl.-Psych., Dipl.-Theol., Fachpsychologe ABO-Psychologie (DGPs/BDP), Lehrbeauftragter der Hochschule Fresenius (Köln), Business-Coach, Publizist

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