13. Februar 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Land der Regeln?

INSPIRATION: Ein ganzes Heft zum Thema „Regeln“ mit interessant zu lesenden Beiträgen – aber selten habe ich mich so schwer getan, praktische Hinweise hieraus abzuleiten und an MWonline-Leser weiter zu geben. Was vermutlich weniger an den Artikeln in der Brand eins als am Thema liegt. Es ist komplex. Wie die meisten Regelwerke auch. Und wenn es eine Regel gäbe, wie man sinnvoll mit Regeln umgeht, wäre es ja einfach …

Die Aussage ist eigentlich immer die gleiche: Ohne Regeln kein vernünftiges Zusammenleben, keine Orientierung. Aber zu viele und zu enge Regeln schaffen kein Mehr an Sicherheit, sondern sorgen für Stillstand. Oder schlimmer: Zwingen die Betroffenen, sie zu brechen und eigene Regeln aufzustellen.


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Über Sinn und Unsinn von Regeln

In der Brand eins finden sich hierfür einige spannende Beispiele (Ungeordnete Verhältnisse). Regeln für Reisekostenabrechnungen, die so kompliziert sind, dass man Verstöße prima nutzen kann, um unliebsame Mitarbeiter loszuwerden. Einstellungsstopp in der Krise, obwohl man dringend IT-Fachleute braucht. Also beschäftigt man sie auf Zeit – regelkonform, aber viel teurer. Oder neue Compliance-Regelungen nach einem Skandal, die zu aufgeblasenen Handbüchern führen, die wiederum bewirken, dass die Organisation einen Großteil der Zeit damit verbringt, sich selbst zu organisieren.

Interessante Perspektiven liefern auch die französischen Arbeiter in einem Logistikunternehmen, die einerseits für feste und kürzere Arbeitszeiten eintreten, dann aber statt der Pausen Doppelschichten fahren. Das verschafft ihnen zusätzliches Einkommen und erhöht die Produktivität des Unternehmens – allerdings auf Kosten von nötigen Innovationen. Als das Unternehmen versuchte, auf die Einhaltung der Regeln zu drängen, machten die Mitarbeiter Dienst nach Vorschrift, was das Unternehmen an den Rand des Ruins brachte. Also kehrte man zur (informellen) Regelung zurück. Das wird so lange gut gehen, bis die Konkurrenz mit technischen Innovationen günstiger produzieren wird, mit dem Effekt, dass alle verlieren werden.

Je engmaschiger das Netz, desto mehr Löcher hat es

Hier kommt ein interessanter Aspekt ins Spiel: Dass wir ständig neue Regeln bekommen, ob in Unternehmen oder in der Gesellschaft, ist nicht allein denjenigen zuzuschreiben, die die Regeln aufstellen. Es sind auch diejenigen, die nach Regeln rufen. „Viele wollen nicht aus ihrer Rolle der Geregelten fallen“ (Regelbrecher). Vermutlich ist es so: Wann immer wir fürchten müssen, etwas zu verlieren, hätten wir gerne strenge Regeln, die das verhindern. Das kann lähmen, wie ein Forscher, der Grenzen überschreitet, erzählt (Besser als Frankenstein). Er vermutet, dass in Deutschland, das eines der besten Bildungssysteme, eines der besten Sozialsysteme und eines der besten Gesundheitssysteme hat, die Menschen deutlich mehr Angst vor Verlust haben als dort, wo es eben viel mehr zu gewinnen gibt. Also versucht man, mit Regeln den Besitz zu schützen.

Ein weiteres Fazit aus den Geschichten: Regeln sind das Ergebnis eines Aushandelns. Menschen einigen sich auf möglichst hilfreiche und sinnvolle Vereinbarungen, die unsere Gesellschaft zusammen hält. Kritisch wird es, wenn die Regeln starr und nicht mehr hinterfragt werden. Und vermutlich braucht es ein paar Prozent Menschen, die nicht auf neue Verhandlungen warten wollen, sondern sich gegen Regeln stemmen, die sie für unsinnig oder überholt halten. Die sie brechen und dabei ein hohes Risiko eingehen (Hier stehe ich und kann nicht anders).

Deregulation?

Ein letzter Aspekt: Wann immer Stimmen laut werden, die fordern, der Staat möge weniger regulieren, sollte man hellhörig werden. Denn die Idee des „ungeregelten Marktes“, der die Dinge von allein regelt, ist unsinnig. Erst Regelungen ermöglichen Unternehmen, in Wettbewerb miteinander zu treten. Dazu gibt es schöne Beispiele aus der Telekommunikations- und Finanzbranche. Gerade bei letzterer hat sich gezeigt, welche katastrophalen Folgen eine Deregulierung hatte (Freiheit braucht Regeln).

Übrigens: Der Beitrag, dessen Lektüre am meisten Spaß machte, ist der über den Rostocker Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen („Als Bürgermeister muss man auch ein Grenzgänger sein“). Er setzte sich in der Corona-Pandemie über viele Regelungen hinweg, und hält sich auch sonst nicht unbedingt an gängige Vorschriften. Und statt auf die Einhaltung von Regeln zu achten oder die Nicht-Einhaltung zu ahnden, klärt er die Bürger lieber über die Regeln auf. Denn – auch das eine Erkenntnis, die sich durchzieht – Regeln zu brechen und zu ändern und neue, bessere zu finden, setzt voraus, dass man die bestehenden kennt. Gar nicht so einfach in einem Land, in dem es angeblich ca. 150.000 Einzelvorschriften gibt.

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