INSPIRATION: Der Titel klingt geheimnisvoll, steht aber lediglich für ein Menschenbild, das davon ausgeht, dass wir alle bestimmte biologische Grundbedürfnisse teilen, lediglich die Ausprägung unterschiedlich ist. Entsprechend, so die These, sollte Personalentwicklung darauf abzielen, die passenden „psycho-ergonomischen“ Arbeitsbedingungen zu kreieren.
Der Begriff „Brain-directed Man“ soll für das aktuelle Menschenbild stehen, passend zum Trend, den Menschen als von seinem Hirn gesteuertes Wesen samt aller Emotionen zu betrachten. Vorher gab es den „Economic Man“, der von außen gesteuert, motiviert und kontrolliert werden musste. Dann den „Social Man“, der auf seine sozialen Beziehungen angewiesen ist, so dass hier Wert auf die Zusammenarbeit gelegt wurde. Es folgte der „Self-actualizing Man“, der nach Selbstverwirklichung strebt und deshalb entsprechende Freiheiten und individuelle Ziele benötigte. Und schließlich den „Complex Man“ – dass wir eben alle sehr unterschiedlich sind und entsprechend unterschiedliche Ziele und Motive haben (Dem Brain-directed Man gehört die Zukunft).
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Nun also der vom Hirn gesteuerte Mensch
Naja, so groß scheint mir der Unterschied zu den früheren Menschenbildern auch nicht zu sein, mal abgesehen vom „Economic Man“. Was wohl stimmt ist, dass letzterer immer noch in vielen Unternehmenskulturen den Umgang und damit auch die Auffassung von Personalentwicklung dominiert.
Folgt man aber dem neuen Bild, bedeutet es, genauer hinzuschauen, welche Grundbedürfnisse unser Handeln bestimmen. Hier wird ein Modell namens SCARF präsentiert, die Buchstaben stehen für Status (wir wollen, dass man uns wertschätzt, uns auf Augenhöhe begegnet, unser Expertentum anerkennt), Certainty (Sicherheit: Wir möchten abschätzen können, was auf uns zukommt und verstehen, was gerade passiert), Autonomy (Einfluss nehmen, selbst entscheiden können), Relatedness (wir möchten dazugehören, Teil einer Gemeinschaft sein in Abgrenzung zu denen außerhalb der Gemeinschaft) und Fairness (dass für alle die gleichen Regeln gelten und diese auch nachvollziehbar sind).
Nimmt man das ernst, dann wird sofort klar, dass in der klassisch-hierarchischen Organisation so einige dieser Grundbedürfnisse nur begrenzt, wenn überhaupt, erfüllt werden. Ein Start-up namens Honestly versucht, ein entsprechendes Verständnis von Personalentwicklung umzusetzen. Wer jetzt auf ein großes Unterfangen, ein gewaltiges Change-Projekt hofft, wird enttäuscht. Es sind eher kleine, bescheidene Schritte, allesamt nicht spektakulär.
Konsequenzen für die Personalentwicklung
Es gibt Ziele, die das Unternehmen vorgibt. Jedes Team setzt sich einnmal im Quartal zusammen und überlegt, was es in den nächsten drei Monaten erreichen will, um zum Gesamtergebnis beizutragen. Die Geschäftsführer sind dabei und dienen als Sparringspartner. Damit wird den Grundbedürfnissen nach Gemeinschaft (Relatedness) und Status Rechnung getragen.
Es gibt regelmäßig Einzelgesprächen zwischen Führungskraft und Mitarbeiter, wenn ich das richtig verstanden habe, mindestens einmal im Monat. Hier erhält die Führungskraft Feedback und der Mitarbeiter Unterstützung bei der Erreichung der Ziele. Der Mitarbeiter hält die Vereinbarungen und Inhalte fest. Das soll dem Bedürfnis nach Sicherheit und Fairness entgegenkommen.
Jeder Mitarbeiter hat ein Jahresbudget von 1.000 Euro für die persönliche Fortbildung. Wie er dieses einsetzt, entscheidet er allein (Bedürfnis nach Autonomie). Einzige Bedingung: Das Gelernte stellt er den Kollegen entweder als Artikel oder in Form eines Vortrags zur Verfügung (Relatedness).
Und schließlich beginnt jedes Meeting mit einem Check-in und endet mit einem Check-out. Gemeint ist, dass jeder kurz berichtet, wie es ihm geht und was er vom Treffen erwartet. Und am Ende kurz erzählt, wie es ihm jetzt geht und ob seine Erwartungen erfüllt wurden. Auch das stärkt die Gemeinschaft und den Zusammenhalt.
Neue Räume
Ergänzend hier noch der Ansatz von Otto, der im gleichen Heft vorgestellt wird (Herumkommandieren war gestern). Das theoretische Fundament ist hier das Modell der „New Work“ mit den Komponenten „Führung“ (auf Augenhöhe, die Führungskraft als Coach und Moderator), „Agilität“ (an den Bedürfnissen der Kunden, nicht an denen der Hierarchie orientiertes Handeln), „Flexibilität“ (die Arbeit ist nicht mehr an feste Zeiten und Orte gebunden) und „Umgebung„. Tatsächlich steckt Otto 100 Millionen Euro in ein neues Bürokonzept, das im Grunde die anderen drei Faktoren fördert. Führungskräfte sitzen dann nicht mehr in geschlossenen Einzelbüros, der Arbeitsplatz ist flexibel, agiles Arbeiten im Team leichter umzusetzen. Warten wir auf konkrete Erfahrungen.