6. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Keine Politik bitte

INSPIRATION: Unterschiedliche politische Meinungen spalten nicht nur die Gesellschaft, sondern auch Kollegen oder gar Familien. Was soll man Menschen raten, die wissen, dass ihre Meinung auf Widerstand trifft und möglicherweise sogar zu Problemen mit dem Arbeitgeber führt? Und was rät man Arbeitgebern im Umgang mit „Andersdenkenden“?

Eine hoch aktuelle Fragestellung, die in Zeiten von Corona, Klimawandel, Flüchtlingskrise und weltweitem Populismus und vor allem der sozialen Medien verstärkt zu Konflikten führt. Der Streit darüber, ob Manager sich generell politisch äußern sollten, ist nicht neu (Politische Äußerungen). Das sei nicht ihr Job, sagen die einen. Sie müssen auch gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, sagen die anderen.

Aber was ist mit Mitarbeitern? Sollten sie am Arbeitsplatz ihre Haltung zu politischen Themen kundtun? Eine Fangfrage, wie die meisten geschlossenen Fragen. Hier die bessere Frage: In welchen Situationen sollten sie ihre Meinung äußern und in welchen lieber nicht?

Ich versuche mal eine Antwort, wohl wissend, dass sie nur bedingt weiterhilft: Immer dann, wenn es darum geht, Schaden abzuwenden, sollten Mitarbeiter ihre Ansicht mitteilen – auch ihre politische. Und da beginnt schon das Problem: Was schädlich sein könnte, ist selten eindeutig zu bestimmen. Mal ein ganz einfaches Beispiel: Wenn ich der Meinung bin, Kandidat A oder B eignet sich besser als Kanzlerkandidat – warum sollte ich das am Arbeitsplatz äußern? Hier riskiere ich eher, Schaden anzurichten, wenn andere der gegenteiligen Meinung sind und ich in eine Auseinandersetzung gerate. 

Das gilt sicher für eine ganze Reihe von Themen: Sollen Erbschaften höher besteuert werden? Soll Benzin stärker besteuert werden? Sollen Kohlekraftwerke abgeschaltet werden? Soll eine Frauenquote gesetzlich festgelegt werden? Soll ein Tempolimit auf Autobahnen eingeführt werden? Sollen private Krankenversicherungen abgeschafft werden? Sollen Einwegflaschen verboten werden?

Es ist einfach vernünftig, sich zu diesen Themen am Arbeitsplatz nicht zu äußern – es sei denn, die Team- bzw. Unternehmenskultur lässt solche Disussionen zu und toleriert unterschiedliche Ansichten. Was wiederum vom Management abhängt.

Sich zurückzuhalten, erfordert sicherlich ein gewisses Maß an Selbstbeherrschung. Schwieriger wird es, wenn andere eine solche Diskussion starten und uns oder andere Kollegen auffordern, Stellung zu nehmen. Dann lautet meine Empfehlung, sie zu bitten, diese Diskussion nicht an dieser Stelle zu führen, sondern in einem außerbetrieblichen Umfeld. Was schon mehr als nur Selbstbeherrschung verlangt, sondern Mut. Denn damit gibt man zu erkennen, dass man eine andere Meinung hat, was allein schon provozieren könnte.

Die Steigerung, und hier wird es richtig kritisch, wäre, wenn die Einstellungen der anderen in unseren Augen zu konkreten Schäden führen. Wenn sich also jemand ausländer- oder frauenfeindlich äußert, den Holocaust, Corona oder den Klimawandel leugnet, seine Meinung vielleicht nicht unmittelbar, aber doch indirekt zu einem Verhalten auffordert, das andere Menschen diskriminiert oder herabwürdigt, die Umwelt beeinträchtigt oder die Zusammenarbeit zerstört.

Hier spätestens beginnt meines Erachtens der Bereich, in dem es nicht mehr um politische Meinungen geht, sondern um grundsätzliche Haltungen zum Menschen, zur Gemeinschaft und zur Umwelt. Da genügt es sicher nicht, um die Verlagerung der Diskussion an einen anderen Ort zu bitten. Hier ist noch mehr Mut erforderlich, nämlich der, den anderen aufzufordern, diese Äußerungen zu unterlassen, weil man sich und andere hierdurch als Mensch betroffen oder gar bedroht, eingeschränkt, verunglimpft fühlt.

Die Konsequenzen hieraus sind klar: Wenn die Äußerung solcher Meinungen in einem Unternehmen toleriert werden und von der Führungsebene zum Beispiel nicht wie beschrieben behandelt werden, muss ich ohnehin entscheiden, ob ich in dieser Umgebung arbeiten möchte. Wobei ich ja nicht sofort das Unternehmen verlassen muss. Mir steht die Möglichkeit offen, mich an den Betriebsrat zu wenden oder direkt an das Management, auch um zu klären, wie dort die grundsätzliche Einstellung zu solchen Einstellungen ist.

Also politische und gesellschaftliche Themen lieber ausschließlich außerhalb des Arbeitsumfeldes ansprechen? So einfach ist das leider auch nicht. Wer keinen Ärger möchte, der verzichtet auf allzu großes Engagement zum Beispiel in den sozialen Netzwerken. Es dürfte kein Geheimnis sein, dass Recruiter sich mögliche Kandidaten genau anschauen und dabei auch auf Facebook und Co. unterwegs sind. „Menschen, die ihre politische Meinung pointiert äußern, werden bei Arbeitgebern als schwierig wahrgenommen“ – und aussortiert (Trügerische Stille).

Da ist guter Rat teuer. Unternehmen, bzw. Recruiter, mögen also keine politisch engagierten Menschen. Sollte man wissen, ehe man sich entsprechend äußert.

Und wie sieht es mit möglichen Reaktionen des Unternehmens, ob nun vertreten durch das Management oder den Eigentümer, aus? Was tun, wenn Führungskräfte bzw. das Management von entsprechenden Meinungsäußerungen im und außerhalb des Unternehmens erfahren? So viel ist klar: Eine Meinung allein bzw. die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder Partei rechtfertigt keine Kündigung, „das Arbeitsverhältnis muss durch die politische Aktivität konkret beeinträchtigt sein.

Im Grunde also lautet die Empfehlung erneut: Es muss ein Schaden entstehen. Wobei schon klar ist, dass die Definition von Schaden hier wie oben schwierig ist. Was einerseits ein Problem darstellt – wir hätten natürlich gerne eine konkrete Handlungsempfehlung, am besten eine Art Checkliste, was erlaubt und was nicht erlaubt ist. Andererseits aber bietet dieser vage Begriff einen Spielraum – für Mitarbeiter und Unternehmen und damit die Basis für einen Dialog.

Mit einer ziemlich klaren letzten Empfehlung: Im Gespräch bleiben, und zwar unbedingt ganz oben: Das Management muss gerade die schwierigen Themen auf die Tagesordnung setzen, sich fragen, wie man zu den aktuell heiklen Themen steht, ob es eine einheitliche Haltung gibt, wie diese aussieht und wie man sie kommuniziert. Aber genauso auch deutlich machen, wenn es eben keine Übereinstimmung im Management gibt, das jedoch in Ordnung ist. Was wiederum ein Signal an alle anderen wäre, Meinungsvielfalt zu tolerieren.

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